Ein Blick ins Nachbarland zeigt: Der Schienenverkehr kann laufen wie geschmiert

In keinem anderen Land Europas fahren die Menschen so viel Zug wie in der Schweiz. 47 mal im Jahr steigt hier jeder im Durchschnitt ein - die Bewohner Deutschlands reisen weniger als halb so oft mit der Bahn. Auch beim Güterverkehr kann die Schweiz mit ordentlichen Zahlen aufwarten: 28 Prozent der Transportkilometer werden umweltfreundlich über die Schiene abgewickelt. In Deutschland sind es dagegen gerade einmal 17,5 Prozent.

Und das Beste: Die Schweizer Bahn wird immer besser. Ende 2004 hat sie ihr Angebot noch einmal um 12 Prozent ausgeweitet. Seither fahren die Züge auf den Hauptstrecken im Halbstundentakt, auf weniger frequentierten Trassen jede Stunde. Am Zielbahnhof wartet schon eine Kantons- oder Privatbahn, der Postbus oder eine Tram; sämtliche öffentliche Verkehrsmittel schwingen mit im allgemeinen Takt. Für die ganze Strecke muss der Fahrgast nur ein Ticket lösen, dessen Preis schnell und ohne aufwändige Tarifvergleiche zu ermitteln ist. 96 Prozent der Schweizer Züge sind pünktlich - die in Deutschland erreichen bestenfalls eine 80-Prozent-Quote.

Ziel der Schweizer Bahnpolitik ist es, die Fahrgäste so schnell wie möglich von Haus zu Haus zu bringen. Anders als in Deutschland spielen Höchstgeschwindigkeiten auf einzelnen Strecken dabei so gut wie keine Rolle. Teure Prestigeprojekte fallen bei Volksabstimmungen fast immer durch.

Das Netz wurde ausgebaut

Statt in milliardenschwere ICE-Trassen und protzige Bahnhofsbauten investieren die Schweizer ihre Franken lieber in unspektakuläre Lückenschlüsse und Ausweichgleise. Zeit sparen sie durch die Abschaffung von Wartezeiten und ein dreimal so dichtes Netz von Bahnhöfen und Haltepunkten. Statt unrentable Strecken still zu legen, haben sie das Netz in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut. Mit Erfolg: Auch in entlegenen Regionen lassen viele Leute das Auto stehen und machen es sich stattdessen lieber im Zug bequem.

Während in Deutschland das Credo gilt, ein Schienentransport unter 400 Kilometer lohne grundsätzlich nicht und die DB etwa 1000 Güterverladestellen geschlossen hat, nutzen in der Schweiz sogar regionale Müllentsorger den Zug. Anders als in Deutschland sind sie beim Umladen vom LKW auf den Waggon nicht auf millionenteure Kräne angewiesen, sondern können ihre 15-Tonnen-Kisten mit wenigen Handgriffen selbst verladen.

Bei alledem kommt die Schweizer Bundesbahn die Steuerzahler wesentlich billiger: Während in Deutschland ein Personen- oder Tonnenkilometer mit durchschnittlich 7 Cent subventioniert wird, sind es in der Schweiz nur 2,4 Cent. Kein Wunder, dass die Schweizer ihre Bahn lieben.