Ausgabe 03/2007
Rauer Ton
ver.di verhandelt mit dem Verleger. Die Meinungen liegen noch weit auseinander
Der Ton wird rauer zwischen den "freigestellten" Beschäftigten der Münsterschen Zeitung und dem Verleger Lambert Lensing-Wolff. Lensing-Wolff versucht hinter den Kulissen, das Team abzufinden. Die Journalisten sollen darauf verzichten, vor dem Arbeitsgericht gegen ihre plötzliche Freistellung zu klagen. Im Gegenzug bietet er ihnen für ein Jahr den Wechsel in eine Transfergesellschaft an. Dafür könnte er sogar noch öffentliche Fördergelder erhalten.
Der Hintergrund
Im Januar hatte Lensing-Wolff 19 Redakteure abserviert. Nach Ende der Tagesproduktion wurde ihnen vom Geschäftsführer Lutz Schumacher mitgeteilt, dass sie ab sofort freigestellt seien, ihre Arbeit werde eine neue Firma mit einem anderen Team übernehmen. Ihnen sei der "Auftrag" entzogen worden, den Lokalteil zu produzieren (ver.di PUBLIK 01_02_2007).
"Das Qualitätsniveau war derart unterirdisch, wie ich es noch bei keiner anderen Redaktion erlebt habe", rechtfertigte der Verleger den Rauswurf. Nicht nur ihrer Arbeitsplätze beraubt, sondern auch noch persönlich angegriffen zu werden, war den Betroffenen zu viel. Sie wehrten sich mit einem offenen Brief, gegen die "permanenten öffentlichen Diffamierungen". Die Redaktion habe bereits im Januar 2005 Konzeptentwürfe zur inhaltlichen und organisatorischen Neuaufstellung vorgelegt. Die Umsetzung sei an der Redaktionsspitze gescheitert. Den Verleger störte das nicht; er beförderte den ehemaligen Chefredakteur zum Herausgeber der Münsterschen Zeitung.
Der Wechsel der Redakteure in eine Transfergesellschaft ist für Michael Schulenberg, ver.di-Gewerkschaftssekretär in Münster, keine befriedigende Lösung: "Letztlich droht ihnen doch die Arbeitslosigkeit. Nach unserer Auffassung handelt es sich um einen Betriebsübergang. Deshalb müssen die Beschäftigten zu den alten Konditionen weiterbeschäftigt werden." In einem ähnlich gelagerten Fall hatte das Landesarbeitsgericht Berlin (15 Sa 1314/06) geurteilt, dass der Auftragsübergang einen Betriebsübergang darstellt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Berufung eingelegt wurde. Jetzt muss das Bundesarbeitsgericht (8 AZR 1043/06) entscheiden.
Der Fall Ruhr-Nachrichten
Fast identisch stellt sich die Situation für zehn Drucker der Ruhr-Nachrichten des gleichen Verlegers dar. Sie wurden rund 14 Tage nach dem Redaktionsteam freigestellt, ihr Betriebsteil "stillgelegt". Ihnen bietet Lensing-Wolff Abfindungen an, er will sich bei Dienstleistern um neue Arbeitsplätze für sie bemühen. "Unsere Vorstellungen liegen aber noch weit auseinander", sagt Norbert Szepan, ver.di-Gewerkschaftssekretär in Dortmund.SIL