Nervige Werbeanrufe nehmen zu. Doch man kann sich dagegen wehren

Von Volkmar Lübke

Auf Werbung pfeif ich

Wer kennt sie nicht: Werbeanrufe am Abend oder gar am Wochenende, die Sonderangebote, Lotteriegewinne oder Meinungsumfragen vortäuschen. In Wirklichkeit haben sie aber nur ein Ziel: den Verkauf per Telefon. Dabei kann jede unbedachte Äußerung des Angerufenen ärgerliche Folgen haben. Denn die gegenwärtige Rechtslage ist ausgesprochen paradox: Zwar sind Anrufe ohne vorheriges Einverständnis des Verbrauchers rechtswidrig. Trotzdem gelten mündliche Verträge, zu denen der Angerufene häufig durch eine raffinierte Gesprächsführung gebracht wird, als rechtswirksam.

Opfer dieser Praktiken sind häufig ältere Menschen, die die rechtliche Tragweite einer zustimmenden Äußerung am Telefon nicht einschätzen können. Auf der anderen Seite stehen die Callcenter-Mitarbeiter selbst unter einem hohen Verkaufsdruck, da sie vorgegebene Erfolgsquoten erfüllen müssen. Und Abschluss-Provisionen sind für die meisten notwendig, um ein angemessenes Einkommen zu erzielen.

Verbraucherorganisationen wollen der so genannten "Kalt-Akquise" per Telefon und ihren rechtlichen Folgen die Leitung kappen. Sie fordern, dass auf diesem Weg angebahnte Verträge erst Gültigkeit erlangen, wenn sie vom Verbraucher schriftlich bestätigt werden. Außerdem müssten die Geldbußen für derartige unlautere Anrufe deutlich heraufgesetzt werden, damit sie sich nicht mehr lohnten. Aus dem Bundesjustizministerium verlautet, dass eine Erhöhung der Strafen erwogen werde, die Notwendigkeit einer schriftlichen Bestätigung von Verträgen wird allerdings bisher noch als "zu bürokratisch" abgelehnt.

Solange es keine bessere Rechtslage gibt, bleiben den Verbrauchern im Moment nur wenige Möglichkeiten, sich zu wehren:

  • Gegen unerwünschte Werbung - sowohl per Post, Fax, Telefon, E-Mail als auch SMS - gibt es so genannte "Robinson-Listen", in die man sich kostenlos eintragen kann. Die Unternehmen, die in den entsprechenden Branchenverbänden organisiert sind, verpflichten sich, keinerlei unaufgeforderten Kontakt zu den eingetragenen Verbrauchern aufzunehmen. Da jedoch bei weitem nicht alle Direktwerbe-Unternehmen Mitglied sind, können die "Robinson-Listen" keinen umfassenden Schutz bieten. Insbesondere die unseriösen Absender sind dadurch nicht zu stoppen.
  • Beschwerden über unerwünschte Anrufer können den regionalen Verbraucherzentralen übermittelt werden. Dabei ist es in jedem Fall wichtig, den Namen des Anrufers, das Unternehmen, den Grund des Anrufes sowie Datum und Uhrzeit zu notieren. Wegen der personellen Engpässe bei Verbraucherorganisationen ist ihnen eine direkte Verfolgung dieser Fälle bisher nur bei einer Häufung von Beschwerden möglich.
  • Am sichersten ist es immer noch, sich auf derartige Anrufe überhaupt nicht einzulassen. Ob man vor dem Trennen der Verbindung die Formulierung "kein Abschluss unter dieser Nummer" wählt, oder sich mit deutlicheren Worten entlastet, bleibt dabei ganz der persönlichen Befindlichkeit überlassen.

Auszug aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG-Gesetz):

§7 Unzumutbare Belästigung

(1) Unlauter im Sinne von §3 handelt, wer einen Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt.

(2) Eine unzumutbare Belästigung ist insbesondere anzunehmen (...) 2. bei einer Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung oder gegenüber sonstigen Marktteilnehmern ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung; 3. bei einer Werbung unter Verwendung von automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post, ohne dass eine Einwilligung der Adressaten vorliegt (...).

Robinson-Listen

Unter folgenden Adressen können Formulare für die Eintragung in "Robinson-Listen" bezogen werden

Werbung per Post

Deutscher Direktmarketing Verband e.V. (DDV), Robinson-Liste, Postfach 14 01, 71243 Ditzingen, Tel. 07156/951010,http://www.direktmarketing-info.de/mailing/Robinsonliste.pdf

Werbung per Fax

Bitkom Servicegesellschaft mbH, Albrechtstraße 10, 10117 Berlin. Fax-Abruf: 01805/000761,www.retarus.com/de/robinsonliste/index.php

Werbung per Telefon, E-Mail oder SMS

Man kann sich in die entsprechende Schutzliste eintragen unter:

www.robinsonliste.de. Sie wird geführt vom I.D.I Interessen- verband Deutsches Internet e.V., Franz-Wolter-Straße 38, 81925 München