Sieben Wirtschaftsforschungsinstitute trommeln in einer Erklärung gegen den Mindestlohn

Die Leiter von sieben deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten sind sich einig: Der Mindestlohn sei ein Eingriff wider die ökonomische Vernunft. Statt Arbeitsplätze zu sichern, "droht ein Abbau von Arbeitsplätzen für niedrig entlohnte Arbeitnehmer". Er nehme den Menschen die Chance zur Teilnahme am ökonomischen und gesellschaftlichen Geschehen, heißt es in einer Erklärung, die die sieben Wissenschaftler im März veröffentlicht haben. Damit appellieren sie an die Bundesregierung, ihre bisherigen Mindestlohnpläne zu den Akten zu legen.

Als Grundsicherung sei ein Mindestlohn nicht erforderlich, heißt es beispielsweise. Denn die gebe es schon: über das Arbeitslosengeld II. Daraus errechnen die sieben Männer einen Bruttostundenlohn von bis zu über zehn Euro für Verheiratete mit Kindern.

Sie nehmen Altersarmut billigend in Kauf

"Ein Mindestlohn ist kein geeignetes Umverteilungsinstrument, weil ein erheblicher Teil der Bezieher gar nicht bedürftig im Sinne der Bedarfsgemeinschaften ist. So leben viele derjenigen Mindestlohnbezieher, die ihren Job behalten, nicht in Haushalten mit geringen Einkommen - etwa Zweitverdiener oder Jugendliche, die bei ihren Eltern wohnen", heißt es in der Erklärung. In diesen Fällen begünstige ein Mindestlohn finanziell Bessergestellte.

"Sie wollen die Geringverdiener in der Abhängigkeit von Hartz IV halten und nehmen damit auch Altersarmut breiter Massen billigend in Kauf", kritisiert DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki die "ökonomische Geisterfahrt" der sieben Wirtschaftswissenschaftler. "Zudem verkennen die Herren, dass die ergänzenden Transferleistungen erhebliche Belastungen der öffentlichen Haushalte darstellen."

Auch die beschworene Gefahr des Arbeitsplatzabbaus weist Matecki zurück. In den meisten anderen EU-Ländern gibt es - teilweise bereits seit Jahren - eine untere Lohngrenze. Die habe aber nicht zum Verlust von Arbeitsplätzen geführt.

Die sieben Wirtschaftswissenschaftler sind die Professoren Ulrich Blum (Institut für Wirtschaftsforschung Halle), Michael Hüther (Institut der deutschen Wirtschaft, Köln), Christoph Schmidt (Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, Essen), Dennis Snower (Institut für Weltwirtschaft, Kiel), Thomas Straubhaar (Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut), Klaus Zimmermann (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin) und Hans-Werner Sinn (Ifo-Institut, München). Das sind die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute, die in vielen wirtschaftlichen Fragen die öffentliche Meinung Deutschlands beeinflussen.

Sorgen um das eigene Einkommen dürften sie sich, wie Hans-Werner Sinn (siehe Seite 1), nicht machen. Das dürfte deutlich über dem von den Gewerkschaften geforderten Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde liegen. hla

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