HERMANN SCHMID leitet die Internet-Redaktion von ver.di

Berlin ist das Letzte. Das letzte Bundesland, das seinen Beschäftigten einen angemessenen Anstieg ihrer Einkommen verweigert. Sich dabei nun auf die Finanzmarktkrise zu berufen, ist bemerkenswert kühn. War der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit doch ganz vorn dabei, als die Politik den Banken signalisierte: "Wir haben jede Menge Geld für euch übrig."

Zum Milliardenpaket muss Berlin maximal 290 Millionen Euro beisteuern, hat Finanzsenator Thilo Sarrazin gleich mal überschlagen - "aber nicht vor 2013, eher 2015". Er glaubt auch nicht, "dass es große Ausfälle geben wird, bis der Sonderfonds abgerechnet wird". Er rechnet sogar damit, dass der Staat Bankenanteile nach einer gewissen Zeit wieder mit Gewinn verkaufen und Nettoerlöse erzielen kann. "Wenn es gut läuft, läuft es meistens richtig gut", meint der um Sprüche selten verlegene Senator.

Zur Panikmache besteht also kein Anlass in der Hauptstadt. Zum Starrsinn erst recht nicht. Oder will Klaus Wowereit sich jetzt auch noch von der mitregierenden Linken vorführen lassen? Bislang nicht gerade treibende Kraft im Ringen um ein anständiges Tarifergebnis, hat deren Sprecher im Abgeordnetenhaus, Carl Wechselberg, die SPD am 3. November aufgefordert, die Verhandlungen mit den Gewerkschaften unverzüglich wieder aufzunehmen - was eine Woche später dann geschah.

Es kann doch auch nicht so schwer sein, sich über Einmalzahlungen für die Jahre 2005 bis 2007 und 2,9 Prozent mehr für das Jahr 2008 zu einigen. Schließlich verzichten die Beschäftigten - bei geringerer Arbeitszeit - schon seit August 2003 auf acht bis zwölf Prozent ihrer Einkommen, die zuletzt im Mai 2004 um gerade ein Prozent stiegen.

Vielleicht hilft ja ein Blick zurück auf die Geberqualitäten eines Eberhard Diepgen: Zum 1. Oktober 1996 zahlte der CDU-geführte Senat den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Ostteil der Stadt schon das volle Westgehalt. Da war Berlin anderen Ländern noch um viele Jahre voraus.