Dem schwedischen Modeunternehmen H&M geht es prima. Sein Erfolgskonzept trägt sicher durch die Krise: Wer sich teure Designerware nicht mehr leisten kann, greift verstärkt zu den schicken Billigklamotten. Dennoch nutzt auch H&M die Krise als Argument fürs dauerhaft Sparen. Investiert wird zwar jährlich in 170 neue Filialen und den regelmäßigen Umbau des äußeren Erscheinungsbilds der Läden. In angemessene Arbeitsbedingungen aber weniger.

Die Kunden merken es schließlich nicht, dass die Lampen die Kassiererinnen blenden. Dass die Bügelwagen nur mühsam aus ihren Schränken zu befreien sind. Dass die Gelenke durch stundenlanges Stehen auf Steinfußboden leiden. Und dass die zudekorierten Fenster kein Tageslicht einlassen.

Geschickt eingefädelt

Jan Richter hat's gemerkt. Der 25-Jährige ist Betriebsrat in der H&M-Filiale Friedrichstraße in Berlin. "Natürlich erfährt man von den Kolleginnen und Kollegen, wo der Schuh drückt. Doch auf dem Ohr war die Konzernleitung bisher taub", sagt Richter. Offenbar hatte die nicht mit dem taktischen Geschick Richters gerechnet. Der hat die jetzt beschlossene Betriebsvereinbarung zum Gesundheitsschutz mit ver.di auf den Weg gebracht und die Sache ausgesprochen umsichtig eingefädelt.

"In drei Wochen rücken die Bagger an", so die Ansage vom Konzern im vergangenen Sommer. Die Filiale sollte zum 4. August wieder mal aufwändig umgebaut werden: Wände, Elektrik, Deko, alles neu, um für die Herbstsaison stadtfein auszusehen. Bei keiner der geplanten Maßnahmen hatte man es für nötig gehalten, den Betriebsrat mit einzubeziehen oder die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten abzuwägen. "Nichts gibt's", sagte sich Jan Richter, guckte ins Gesetz und legte seinerseits einen Entwurf mit überfälligen Gesundheitsschutzmaßnahmen vor. Dazu winkte er mit einstweiliger Verfügung, Gerichtsvollzieher und Polizei. Sollten die Bagger doch kommen.

Happy End und freie Fenster

Bis eine Woche vor dem geplanten Umbau dauerte das Kräftemessen. Dann stand H&M der Angstschweiß auf der Stirn. Man wolle sofort verhandeln. In dreitägigen Marathonsitzungen wurde stückweise mehr möglich zum Schutz der Beschäftigten, bis das Papier beidseitig unterschrieben werden konnte. Von 45 Forderungen des Betriebsrats sind nur sechs nicht umgesetzt. "Ein bisschen muss man der Gegenseite ja lassen. Damit sie ihr Gesicht wahren kann." Jan Richter gönnt H&M die sechs Punkte gern und zeigt zufrieden auf offene Fenster, Gelmatten hinter der Kasse, Abblendungen der Lampen und all die anderen 36 Veränderungen, die er zugunsten seiner Kolleg/innen durchgedrückt hat.

Jenny Mansch