So sieht's aus, wenn ein Edeka-Laden beliefert wird

Es geht mal wieder um Lohndrückerei und Tarifflucht im Handel, betrieben von der Nummer 1 im deutschen Lebensmittelhandel, Edeka, genauer: von der Regionalgesellschaft Nordbayern-Sachsen-Thüringen. 300 bisher festangestellte Lkw-Fahrer in den Lagern Rottendorf bei Würzburg, Gochsheim, Borna bei Leipzig, Hof-Staucha, Sachsen bei Ansbach und Schwabach könnten am Ende ihre Anstellung bei Edeka verlieren. Doch die Beschäftigten an den verschiedenen Standorten wollen das nicht hinnehmen.

Mit einem Brief wandten sie sich Mitte November an die selbstständigen Edeka-Kaufleute in der Region, um sie zu gewinnen, sich für den Erhalt des Fuhrparks einzusetzen. Das Schreiben zeigte Wirkung; viele Empfänger des Briefes bekannten sich zum Edeka-eigenen Fuhrpark. "Sie setzen auf die Zuverlässigkeit der Fahrer und auf die Werbung, die die Schriftzüge auf den LKW für Edeka bringen", sagt Klaus Michl, Betriebsratsvorsitzender im Edeka-Lager Gochsheim. "Fahrer haben eine Vertrauensposition, es ist für die Kaufleute nicht akzeptabel, wechselnden Fahrern aus Speditionen Zugang zu den Lagerräumen zu gewähren."

Zuspruch bundesweit

Und nicht nur die Kaufleute protestieren gegen den Plan von Geschäftsführer Klaus Rohrer, der schon in leitender Position bei Lidl tätig war. Er will den Fuhrpark schließen und die Fuhren an Speditionen vergeben. Auch in Edeka-Lagern, E-Centern und Marktkauf-Filialen der Republik erklärten sich in wenigen Tagen 1 400 Beschäftigte mit ihrer Unterschrift solidarisch mit dem Anliegen ihrer Kolleg/innen in Nordbayern, Sachsen und Thüringen. "Gerade in unserer Region ist die Arbeitslosigkeit schon hoch", sagt Wolfgang Stark, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Edeka-Lager in Nordbayern. "Wir wollen auf jeden Fall unseren Fuhrpark erhalten."

Geschäftsführer Rohrer wollte über Wochen den geplanten Stellenabbau und die Verlagerung weder bestätigen noch dementieren. Gleichzeitig bekamen aber erste - bisher befristet eingestellte - Edeka-Fahrer Jobangebote von der ostdeutschen Spedition Pfeiffer. Mit deutlich schlechteren Konditionen. Pfeiffer und die Speditionen Pflaum und Pfennig sollen nach bisherigem Kenntnisstand künftig die Edeka-Waren zu den Einzelhändlern bringen. Wolfgang Stark sagt: "Gegenüber der heutigen Vergütung würden die Fahrer dort rund 200 Euro brutto im Monat einbüßen. Im Lager träfe die Kommissioniererinnen bei einer Auslagerung sogar ein Minus von etwa 300 Euro monatlich." Auch zum Abschluss eines Sozialtarifvertrags war die Edeka-Geschäftsleitung nicht bereit; die Verhandlungen scheiterten Ende November. "Wir wollten für die Beschäftigten an den sechs Lagerstandorten eine soziale Absicherung erreichen. Da der Arbeitgeber das ablehnt, werden wir nun mit Aktionen auf unser Anliegen hinweisen", erklärt Stefan Kraft vom ver.di-Landesfachbereich Handel in Bayern.

Für Mitte Dezember sind öffentliche Aktionen in vielen Städten der Region geplant, unter Einbeziehung der örtlichen Politik, die ebenfalls nichts von dem Stellenabbau hält.

Die Beschäftigten setzen beim Kampf um ihre Arbeitsplätze auf ihre Gewerkschaft: In den zwei Wochen nach Bekanntwerden der Auslagerungspläne sind mehr als 200 Mitarbeiter/innen an den sechs Lagerstandorten in die Gewerkschaft eingetreten. Gudrun Giese

Freispruch

Die Edeka-Betriebsrätin Gaby Gramckow aus Witten wurde Ende November von dem Verdacht des Diebstahls vor dem Amtsgericht Witten freigesprochen. In den letzten drei Jahren versuchte ihr Arbeitgeber, sie zunächst durch Abmahnungen und schließlich durch Kündigung wegen angeblich gestohlener Uhren loszuwerden (ver.di PUBLIK 5_2009). Gaby Gramckow wartet jetzt auf ihren neuerlichen Prozess vor dem Arbeitsgericht Bochum, in dem es um ihre Wiederbeschäftigung gehen wird.