Sämtliche Vorschläge des Betriebsrats zum Interessenausgleich in der Einigungsstelle sind abgeschmettert, die Schließung des spanischen Bodendienstleisters Acciona am Hamburger Flughafen zum Jahresende ist beschlossene Sache. Das Aus für 171 Mitarbeiter, von denen 96 mit unbefristeten Verträgen arbeiten. Es wäre auch anders gegangen. Ein Kooperationsangebot des direkten Konkurrenten, der Flughafen Hamburg GmbH, wurde ignoriert, obwohl es viele Arbeitsplätze gerettet hätte. Dabei hatten sich die Beschäftigten mit einem Krisentarifvertrag kompromissbereit gezeigt, doch der Arbeitgeber verlangte eine Laufzeit von vier Jahren statt zwölf Monaten. Als die Forderung nach betriebsbedingten Kündigungen während der Laufzeit dazukam, hatte die Tarifkommission genug. Auch eine vorgeschlagene GmbH-Gründung durch die Mitarbeiter wurde abgelehnt. In Frankfurt am Main, wo rund 200 Leiharbeitnehmer für Acciona arbeiten, "hätten all unsere Leute Platz gehabt, aber der Arbeitgeber interessiert sich für diese Möglichkeit nicht", erklärt Ergün Sert, der Betriebsratsvorsitzende.

Die Vermutung liegt nahe, dass der Be-und Entlader von Flugzeugen die lästigen Tarifverträge abschütteln will. "Wir haben vor der Hamburger Wirtschaftsbehörde demonstriert, weil wir wissen wollten, wie es weitergeht am Flughafen. Laut Gesetz muss es zwei Bodendienstleister geben", sagt Sert.

Dennoch sieht es so aus, dass zum Jahresbeginn nur noch die Tochter der Konkurrenz, Groundstars, Flugzeuge be- und entladen wird. Trotz der zu erwartenden Monopolstellung wollte sich die Behörde bislang jedoch nicht einmischen. "Mein Gefühl ist", so Sert, "dass Acciona erst dichtmacht, um dann später den Betrieb wieder aufzunehmen - unter schlechteren Vertragsbedingungen natürlich."

Dafür spricht einiges. Fast monatlich hatte der Arbeitgeber in der Vergangenheit neue Leiharbeitnehmer beantragt, die der Betriebsrat mit Hinweis auf die aufzustockenden Teilzeitbeschäftigten ablehnte. Laut Betriebsvereinbarung sind bei Acciona nur sechs Leiharbeitnehmer erlaubt, jeder mit 82 Stunden im Monat. "Ich hab die Schnauze voll von euren Ablehnungen", soll Geschäftsführer Stößer gesagt haben, "dann hol ich die Leute halt vorläufig rein." Sprach's, kündigte die Betriebsvereinbarung und beantragte die Auflösung des Betriebsrats beim Hamburger Arbeitsgericht. Mit Erfolg.

Neue Richter

Eine neue Richtergeneration sieht ver.di-Sekretär Ingo Bernien da am Werke. Vielleicht habe der Richter sich einen Namen machen wollen, wird vermutet. Aufhänger der Klage war ein Aushang des Betriebsrats am Schwarzen Brett, der mit den Worten "auf Biegen und Brechen plant der Arbeitgeber, die Leiharbeitnehmerzahlen zu erhöhen" angeblich den Betriebsfrieden gestört hat. "Ein schockierendes Urteil für jede Betriebsratsarbeit", empört sich Ingo Bernien. Die Berufung wird eingeleitet.

Zurzeit verhandeln die Betroffenen in der Einigungsstelle zum Sozialplan über mögliche Abfindungen. Auch diese Verhandlungen gestalten sich schwierig. "Wir wollen eine Rückkehrklausel integrieren", sagt Ergün Sert. Für den Fall, dass Acciona unter gleicher Konzession weitermachen will. Dagegen sperrt sich die Firma. Man wolle selbst entscheiden, wen man eventuell zurückhole und wen nicht. Für Ergün Sert ist das der Beweis, dass der Bodendienstleister auf diesem Weg den Betrieb später ohne Tarifverträge wieder aufnehmen will. Jenny Mansch