Sie haben Grund zum Feiern: Bernd Hümpfer, Erhard Spanheimer, Nicole Koch, Andreas Beier, Klaus Michl (v.l.)

Eines ist klar: Ohne drohende Streiks in gleich sechs Edeka-Lagern der Region Nordbayern-Sachsen-Thüringen hätte sich nichts geändert. Kurz vor den Dezemberfeiertagen wäre der Ausfall so vieler Standorte für Edeka mit enormem wirtschaftlichem Schaden verbunden gewesen. Das Unternehmen, die Nummer Eins im bundesdeutschen Lebensmittelhandel, musste daher einlenken: Die geplante und viel kritisierte Auslagerung des Fuhrparks in der Region wird für fünf Jahre ausgesetzt. Damit sind 320 Arbeitsplätze gesichert. Für die rund 2 000 Beschäftigten an den sechs Lagerstandorten wird zudem ein Sozialtarifvertrag geschlossen, der gute Abfindungsregelungen für ausscheidende Mitarbeiter/innen enthalten wird. Die geplante Konzentration auf drei Lagerstandorte soll Ende 2014 umgesetzt sein. Bis Ende 2011 werden jedoch keine Betriebsteile ausgegliedert.

"Das war ein Gefühl wie bei einem Geschenk", kommentiert Erhard Spanheimer die überraschende Einigung kurz vor den Feiertagen. Er arbeitet seit 24 Jahren im Wareneingang des Lagerstandorts Gochsheim und ist dort auch Schwerbehindertenvertreter. Allein in diesem Lager in Franken wurden in den zurückliegenden Monaten rund 270 Beschäftigte ver.di-Mitglieder. "Wir haben hier einen starken Zusammenhalt", sagt Bernd Hümpfer, Edeka-Kraftfahrer seit 17 Jahren. "Auch zum Streik waren wir fest entschlossen." Nicole Koch, kaufmännische Angestellte im Lager und Betriebsratsmitglied, spricht von der kontinuierlichen Unterstützung durch ver.di, die mitentscheidend für den Erfolg war.

Bis in die zweite Dezemberwoche 2009 hinein sah es so aus, als seien Streiks in den Edeka-Lagern der Region Nordbayern-Sachsen-Thüringen unumgänglich. Geschäftsführer Stefan Rohrer hatte die baldige Auslagerung der Fuhrparks angekündigt, einige befristet eingestellte Kraftfahrer hatten bereits ihre Kündigung erhalten, und die Lagerbeschäftigten standen vor einer ungewissen Zukunft (ver.di Publik 12/2009). In dieser Situation zeigten die Beschäftigten, ihre Betriebsräte und ver.di, was solidarisches Handeln bringt: "Streiks an den sechs Standorten, und das auch noch in der Vorweihnachtszeit, hätten für Edeka weit über die Region hinaus einen gewaltigen wirtschaftlichen Schaden bedeutet. Und möglicherweise sogar ihre Existenz bedroht", sagt Stefan Kraft von ver.di Bayern. So schaltete sich ein Mitglied des Edeka-Vorstands in die bis dahin festgefahrenen Gespräche ein und sagte beides zu: die Aussetzung der Fuhrpark-Auslagerung und den Abschluss eines Sozialtarifvertrags.

Nicht ohne meine Gewerkschaft

"Zusammenhalt zahlt sich eben aus", sagt Klaus Michl, der Betriebsratsvorsitzende im Lager Gochsheim. "Allein bei uns sind inzwischen 70 Prozent der Beschäftigten in ver.di." Aber auch die enge Abstimmung mit den Kollegen der anderen Standorte sei wichtig gewesen, bestätigt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Wolfgang Stark. Und die Unterstützung aus der ganzen Republik, die die bedrohten Beschäftigten gewinnen konnten. "Unglaublich: 150 Unterschriftenlisten und Solidaritätsbekundungen gingen beim Gesamtbetriebsrat ein - aus den unterschiedlichsten Unternehmen und Bereichen der Edeka-Gruppe", sagt Uwe Erschens, Leiter der ver.di-Bundesfachgruppe Groß- und Außenhandel. Eine vergleichbare Unterstützeraktion habe es innerhalb der Edeka-Gruppe bisher noch nicht gegeben. Den Beschäftigten anderer Edeka-Regionalgesellschaften soll dieser Erfolg Mut machen, wünscht sich Wolfgang Stark, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats. Die Belegschaften in Nordbayern-Sachsen-Thüringen werden weiter aufmerksam sein. "Und natürlich werden wir auch in Zukunft alles für den Erhalt unserer Arbeitsplätze tun."