Ausgabe 03/2010
Glattes Eigentor
Einzigartig: Ein kommunales Krankenhaus macht Geschäfte mit einem Fußballverein. Das Städtische Klinikum Bielefeld gibt dem Zweitligisten Arminia Bielefeld einen Kredit von 250 000 Euro. Nur zwei Prozent Zinsen sind für die Laufzeit von drei Jahren vereinbart. Klar, dass der Verein bei so viel Entgegenkommen eine Gegenleistung bringen muss. Sie soll darin bestehen, alle Spieler über 17 zur Sporteingangsuntersuchung und alle verletzten Spieler im Krankenhaus vorzustellen.
Bei der finanziell gebeutelten Arminia heißt es, der "Geist der Partnerschaft" schwebe über der Zusammenarbeit. Das zinsgünstige Darlehen habe als erstes Ergebnis die Verpflichtungen von Torhüter Patrick Platins und Außenverteidiger Assimiou Touré ermöglicht.
In der Erklärung des Krankenhauses heißt es, die Kooperation mit dem Fußballverein sei "eine große Chance für das Klinikum". Könne man doch so die "medizinische Kompetenz auch in der Sportmedizin für Spitzen- und Breitensportler" unter Beweis stellen. Der Kredit für Arminia werde "aus dem Laufenden finanziert", so Geschäftsführer Johannes Kramer. Welche Auswirkungen der Handel auf die Beschäftigten haben könnte, will man intern in einer Mitarbeiterversammlung klären. Worüber öffentlich nämlich nicht gern gesprochen wird, ist die 2009 im Klinikum getroffene "Vereinbarung zur Vermeidung einer Notlage": Das Krankenhaus war auf ein anderes Altersversorgungssystem umgestiegen und musste dafür einen zweistelligen Millionenbetrag aufwenden. Die Beschäftigten erklärten sich bereit, für eine begrenzte Zeit einen höheren Anteil an ihrer Altersversorgung selbst zu tragen. "Ich fühle mich verarscht", sagt ein OP-Pfleger wütend. "Oder bekomme ich jetzt einen Sponsorenausweis von Arminia?"
Was Bielefelder Fußballfans toll finden mögen, ist für Thomas Trittin von ver.di Bielefeld/Paderborn ein politisches Eigentor: "Bei den Tarifverhandlungen hatten die Klinikbetreiber erklärt, es sei kein Geld da für Lohn- und Gehaltsverbesserungen. Es ist aber Geld da, um als Kreditgeber aufzutreten. Steuer- und Krankenkassengelder als Darlehen - unfassbar!"
gl