Erzieherin Vera Z. ist 56. Sie klagt über Hörprobleme und kämpft permanent mit Rückenschmerzen. Was das mit dem DGB-Index "Gute Arbeit" zu tun hat? Dieser Index, mit dem seit 2007 aktuelle Arbeitsbedingungen aus Beschäftigtensicht bewertet werden, beleuchtet eine umfassende Gemengelage: Die heutige Arbeitswelt ist geprägt durch Arbeitsverdichtung, komplexe körperliche und psychische Belastungen, lange bzw. ungünstige Arbeitszeiten, einen wachsenden Sektor ungeschützter bzw. prekärer Beschäftigung, zunehmende Jobangst und mangelnde Gesundheitsprävention. Die repräsentative Erhebung zum DGB-Index bezieht den Aspekt des Älterwerdens, der Perspektive des Arbeitslebens, Ängste um die berufliche Zukunft sowie die Frage der zu erwartenden Rentenansprüche direkt ein.

Arbeit mit Perspektive

Eine Sonderauswertung des Index beleuchtete 2009 speziell den Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und der Arbeitsfähigkeit Älterer. Die Ergebnisse: Ein Großteil der Beschäftigten arbeitet hierzulande unter Bedingungen, die die Arbeitsfähigkeit untergraben und ein gesundes Arbeitsleben bis zur Rente gar nicht zulassen. Beschäftigte aus Verkehrsberufen etwa, dem Gesundheits- und Sozialwesen oder dem Einzelhandel sehen das besonders pessimistisch. Speziell Muskel-Skelett-Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Probleme und psychische Erkrankungen haben erwiesenermaßen "arbeitsbedingte Ursachenanteile". Hinzu kommt, dass rund die Hälfte aller Befragten erwarten müssen, von ihrer zukünftigen Rente nicht leben zu können. Bedenkt man, dass die Zahl der 55- bis 64-Jährigen hierzulande bis 2030 um rund 40 Prozent zunehmen wird, so müsste die Frage nach dem Erhalt von Arbeitsfähigkeit ins Zentrum betrieblicher Personal- und gesellschaftlicher Arbeitsmarktpolitik rücken.

Davon ist bislang nur sporadisch etwas zu merken, aber das Thema kommt. Wirksame Maßnahmen für alternsgerechtes Arbeiten sind in vielen Betrieben gefragt. Ebenso spezielle Arbeitsplätze oder Arbeitszeitmodelle für "Leistungsgewandelte". Dabei zeigt auch ein Abgleich der Befunde des DGB-Index mit amtlichen Arbeitsunfähigkeits- und Frühinvalidisierungsdaten: Schlechte Arbeitsbedingungen machen krank und verursachen vorzeitigen Gesundheitsverschleiß. Doch genau da liegt auch der Knackpunkt: Selbst altersgerechte Arbeitsplätze könnten die Sünden der Vergangenheit nur lindern, wettmachen können sie die Folgen durchlebter körperlicher und psychischer Belastungen nicht mehr. Alternsgerechte Arbeitsplätze dagegen haben Perspektive. Sie ermöglichen flexible Arbeitsbedingungen, die Kompetenzen fördern und die Gesundheit erhalten – für alle Altersgruppen. Die heutigen Jüngeren könnten so ihr Arbeitsleben generell gesünder durchmessen. Das nützt auch den Unternehmen, und dafür gäbe es dann auch beim DGB-Index das Prädikat "Gute Arbeit". neh