Museumsführer arbeiten oft auf Honorarbasis

VON Gudrun Giese

Josef K. (Name geändert) mag seinen Beruf. Unzufrieden ist der Historiker mit den Rahmenbedingungen seines Jobs. Er arbeitet als selbstständiger Museumsführer für ein Staatliches Museum in Berlin, führt Besuchergruppen durch Ausstellungen und leitet pädagogische Veranstaltungen. Das erfordert neben der fachlichen Qualifikation auch soziale und didaktische Fähigkeiten. 43 Euro erhält er pro Veranstaltung oder Führung als Honorar, von dem er Steuern und Sozialabgaben zahlt. Zugleich ist er weisungsgebunden und abhängig von seinem Auftraggeber. Damit erfüllt er einige Kriterien für Scheinselbstständigkeit. "Zudem schwankt die Zahl der Einsätze pro Monat zwischen fünf und 40", sagt Josef K.. Grundlage seiner Arbeit ist ein Rahmenvertrag für ein Jahr.

Er weiß von Kollegen, die danach keinen neuen Vertrag mehr erhalten haben, "weil sie angeeckt sind". Er hätte gern eine Personalvertretung im Haus, findet dafür aber zu wenig Rückhalt bei den Kollegen. Dabei gibt es in den Staatlichen Museen der Hauptstadt immer mehr Mitarbeiter/innen, die ähnlich arbeiten wie Josef K.: Besucherbetreuung, Kassenbereich und Sicherheit werden von Fremdfirmen oder Honorarkräften übernommen, sagt er.

Auch der Bundesrat hat Scheinselbstständige in seinem Besucherdienst beschäftigt. Das Sozialgericht Berlin attestierte der Länderkammer im Juni 2009, dass die 15 Mitarbeiter/innen keineswegs selbstständig waren. Der Bundesrat musste 15626 Euro Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen, wie mediafon, der ver.di-Infoservice, meldete. Aufgeflogen war die Beschäftigung von Scheinselbstständigen beim Bundesrat durch eine Anfrage der Deutschen Rentenversicherung Bund nach dem Status der Mitarbeiter im Besucherdienst.

Angesichts einer nahezu gleich gebliebenen Zahl von Statusfeststellungsverfahren in den Jahren 2008 und 2009 (15734 bzw. 15787), die in rund einem Drittel der Fälle eine scheinselbstständige Beschäftigung ergaben, sieht man bei der Deutschen Rentenversicherung Bund keine dramatisch neue Entwicklung. Um echten wie falschen Selbstständigen zumindest den Zugang zur gesetzlichen Altersvorsorge zu ermöglichen, setzt sich Herbert Rische, Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund, für die Umgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung in eine Erwerbstätigenversicherung ein.

Pakete und Versicherungen

Das hätte auch Wolfgang P.s (Name geändert) Einkommen verbessert. Er arbeitete als Paketfahrer für DHL. "Zehn Stunden am Tag, für 15 Euro pro Stunde. Dafür musste ich im Schnitt 150 Pakete ausfahren." Von den 150 Euro pro Tag gingen Steuern und Sozialabgaben ab. Vertraglich untersagte das Unternehmen jede Nebentätigkeit, womit die Scheinselbstständigkeit schriftlich belegt war. Wolfgang P. hat allerdings nichts dagegen unternommen, er suchte sich lieber einen anderen Job.

Eine weitere Berufsgruppe, die zunehmend aus Scheinselbstständigen besteht, sind die Versicherungsvertreter/innen. "Bis zu 80 Prozent sind selbstständige Firmenvertreter", sagt Marco Nörenberg, Konzernbetriebsratsvorsitzender bei Ergo-Versicherungen in Hamburg. Die "selbstständigen" Vertreter arbeiten von zu Hause aus, gehen aber regelmäßig in die Niederlassungen, um Telefon, Kopierer, Fax zu nutzen. "Außerdem sind sie in die Firmenorganisation eingebunden, erhalten Anweisungen und müssen die firmeneigenen Materialien verwenden. Die Arbeit ist identisch mit der der Angestellten", so der Betriebsrat. Wichtigster Unterschied aus Sicht der Firmen: Sie zahlen ihren "Selbstständigen" zwar eine etwas höhere Provision, sparen aber im Gegenzug rund 25 Prozent eines Bruttogehalts, die sonst für Lohnnebenkosten gezahlt werden müssten.

Das Gros der Vertreter zahlt am Ende drauf. Marco Nörenberg: "Wenige sind so erfolgreich, dass sie gut über die Runden kommen. Die meisten verdienen weniger als Angestellte. Richtig schwierig wird es bei längerer Krankheit, weil sie dann keine Absicherung haben."

Für Selbstständige

Das Selbstständigenpolitische Programm von ver.di setzt sich für angemessene Bezahlung und soziale Sicherung besonders der Solo-Selbstständigen ein. Der Infoservice mediafon informiert über Scheinselbstständigkeit. Aus dem Newsletter und in der Beratung erfahren Betroffene, ob sie die Kriterien der Rentenversicherung für Scheinselbstständigkeit erfüllen und wie sie dagegen aktiv werden können. http://www.mediafon.net