Ausgabe 06/2010-07
Malen vor Paul Klee
Die Tage beginnen bei mir um halb sieben. Mein Lebensgefährte und ich wechseln uns dabei ab, unseren elfjährigen Sohn wach und aus dem Bett zu kriegen. Um acht fange ich an zu arbeiten. Gestern hab ich zuerst mein Atelier aufgeräumt und Schreibkram erledigt. Um neun bin ich in die Kunsthalle gefahren, wo ich auf Honorarbasis mit Kindern arbeite und Gruppen durch die Ausstellung führe. Gestern kam eine vierte Klasse, die unbedingt einen van Gogh sehen wollte. Dann haben wir über die Bilder von Paul Klee geredet und gemalt, direkt vor Klees Goldfisch. Nachmittags war ich in Harburg, dort betreue ich neben deutschen vor allem türkische und russische Kinder im offenen Kinderatelier. Manche dürfen aus religiösen Gründen keine Menschen zeichnen - und auch Tiere nur mit geschlossenen Augen. Die Mädchen und Jungen, die gestern da waren, sind aber lockerer. Ihre Eltern interessieren sich für das, was die Kinder im Atelier machen, bringen sie zu uns und holen sie wieder ab. Die Arbeit mit Kindern und meine Kurse für Erwachsene machen mir Spaß, aber sie sind auch notwendig. Wie die meisten Maler kann ich vom Verkauf meiner Bilder nicht leben.
Als Kind wollte ich berühmt werden. Am liebsten als Musikerin, doch dafür war ich nicht fleißig genug. Malen wollte ich auch schon immer, aber vorsichtshalber habe ich erst eine Ausbildung zur Programmiererin gemacht und dann begonnen, Mathematik und Kunst fürs Lehramt zu studieren. Ich bin schließlich zur freien Kunst gewechselt, weil ich nie Lehrerin werden wollte, sondern eben Malerin. 1996 bekam ich mein Kunst-Diplom.
An Tagen ohne Kurse im Kinderatelier, in der Kunsthalle oder im Hamburgmuseum bin ich ab acht Uhr im Atelier und male.
Hafen und Tai Chi
Seit einiger Zeit arbeite ich an Porträts, die viel mit Hamburg zu tun haben. Die Hintergründe für die Porträtierten entstehen nach Fotos, die ich im Hamburger Hafen mache: Elbe, Industrie-Architektur, Container. Oft zeichne ich auch im Garten. Phasen der realistischen und der abstrakten Malerei wechseln sich bei mir ab, auch ein Hauch Surrealismus ist dabei. Ich male gerade Tai-Chi-Bilder, die viel Bewegung zeigen. Ich trainiere selbst Tai-Chi mit Schwert und drehe mit Kolleginnen sogar einen Film darüber.
PROTOKOLL: Claudia von Zglinicki