Ausgabe 01/2011-02
Waghalsig bis zur Insolvenz
Am 18. Januar musste die Schlott-Gruppe Insolvenz anmelden - der bisher zweitgrößte Akteur auf dem europäischen Tiefdruckmarkt. In Deutschland sind 1 480 Beschäftigte in 14 Einzelfirmen an fünf Standorten betroffen.
"Es gab vom ersten Tag an seriöse Anfragen von Interessenten", sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Siegfried Beck dem regionalen TV-Sender Frankenfernsehen. Allerdings dämpfte er bei einem ersten Gespräch mit den Betriebsräten, ver.di-Vertretern und Vorstandsmitgliedern alle Hoffnungen, die Schlott-Gruppe als Ganzes veräußern zu können. Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten sind für drei Monate über das Insolvenzgeld von der Agentur für Arbeit gesichert.
Trotz voller Auftragsbücher
ver.di hatte in den vergangenen zwei Jahren in zwei Sanierungstarifverträgen unter anderem einem Verzicht auf Teile des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes und einer Arbeitszeitverkürzung zugestimmt. Dafür wurden betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Für den Fall einer Insolvenz, der jetzt also eingetreten ist, wurde vereinbart, dass dieses Geld nachgezahlt werden muss. Die wirtschaftliche Situation ist aber so schlecht, dass der Insolvenzverwalter selbst die nach dem Aktienrecht vorgeschriebene Hauptversammlung der Aktionäre nicht genehmigt hat. Begründung: Es sei dafür nicht genug Geld da. Nicht einmal dafür.
Dabei hat Schlott volle Auftragsbücher, die Maschinen laufen an allen Standorten weiter. Doch der Preiskampf der Branche, an dem sich das Unternehmen aktiv über Jahre beteiligt hat, und hohe Altschulden führten schließlich in die Insolvenz.
"Die Schlott-Beschäftigten haben in den vergangenen Jahren Opfer erbracht, um die Wettbewerbsfähigkeit von Schlott zu verbessern", stellte der stellvertretende ver.di-Bundesvorsitzende Frank Werneke fest. "Dieser substanzielle Sanierungsbeitrag konnte aber letzten Endes angesichts der gigantischen Überschuldung, die über Jahre durch waghalsige Zukäufe angehäuft worden war, das Unternehmen nicht retten." Jetzt müsse in der Insolvenz ein Weg gefunden werden, die Arbeitsplätze an den unterschiedlichen Standorten zu erhalten. sil