Von Claudia von Zglinicki

"Einfach unverschämt." So beurteilt Ina Oberländer die Tatsache, dass die Verhandlungsführer der Länder zum Auftakt der Tarifrunde für die 585 000 Beschäftigten der Bundesländer am 4. Februar kein Angebot gemacht haben. Ina Oberländer hatte es nicht anders erwartet und ist trotzdem empört. Noch am Morgen hat sie in einer Zeitung vom Wirtschaftsaufschwung und vom Anstieg der Reallöhne in Deutschland gelesen - "nur nicht bei uns, im öffentlichen Dienst". Ina Oberländer ist Krankenschwester und Vertreterin der ver.di Jugend in der Verhandlungskommission der Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst.

Von den Forderungen der Gewerkschaften ist ihr neben dem Sockelbetrag von 50 Euro und einer dreiprozentigen Gehaltserhöhung für alle die zweijährige Übernahme der Auszubildenden natürlich besonders wichtig, denn: "Es ist unheimlich schwer, eine Stelle zu kriegen, auf der man eine Zukunft für sich planen kann." Dass die Arbeitgeber beim Verhandlungsauftakt sofort erklärt haben, darauf würden sie sich nicht einlassen, ruft bei Ina Oberländer nur Kopfschütteln hervor. Sie weiß: Jetzt wird es darauf ankommen, was die Beschäftigten durchsetzen können.

Berechtigte Forderungen

"Unsere Forderungen sind berechtigt", sagt Thomas Schmidt. Auch der Straßenwärtermeister aus Stadthagen ist Mitglied der Verhandlungskommission. "50 Euro mehr als soziale Komponente für alle, die wenig verdienen, das ist das Mindestmaß. Man muss bedenken, dass viele schon einen Nebenjob brauchen, um über die Runden zu kommen - auch von den Straßenwärtern, die in Vollzeit arbeiten. Da sind unsere Forderungen doch moderat", betont Thomas Schmidt.

Vor dem Beginn der Verhandlungen hatten auch Schmidt und seine Kolle-g/innen bei einem "Einsatztag" in Hannover auf ihre Arbeitssituation und die Tarifrunde aufmerksam gemacht. In der Fußgängerzone zeigten Filme, Flugblätter, Gespräche und Schnee aus einer Schneekanone den Passanten, wie hart und gefährlich der Einsatz der Straßenwärter gerade im Winter oft ist. Thomas Schmidt findet es gut, "dass der öffentliche Dienst so wieder in ein positives Licht gerückt wird. Dass klar wird: Wir sind nicht die, die nur auf unser Geld warten."

Er hat allein im Dezember 68 Überstunden geleistet, in ganz Niedersachsen sind im November und Dezember in den Straßenmeistereien 84 000 Überstunden zusammengekommen. "Darüber haben viele Passanten gestaunt. Die werden jetzt mehr Verständnis für unsere Forderungen aufbringen."

Thomas Schmidt meint, auch Druck aus der Bevölkerung sei wichtig, um die Arbeitgeber zu einem akzeptablen Angebot zu zwingen. Und: "Wenn es nicht ohne Warnstreiks geht, wird es welche geben. Auch bei uns. Es geht schließlich darum, dass die Arbeitgeber uns brauchen - und deshalb auch wertschätzen sollten. Was sich in der Bezahlung zeigt, aber nicht nur dort."

Am 24. und 25. Februar wird in Potsdam weiter verhandelt, vor dem Hintergrund einer guten wirtschaftlichen Entwicklung, wachsender Steuereinnahmen - und andererseits steigender Preise, die gerade Menschen in den unteren Lohngruppen zu schaffen machen. "Unsere Argumente sind gut", erklärte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske am 4. Februar vor der Verhandlungskommission der ver.di-Bundestarifkommission. "Die Gegenseite lässt sie aber nicht an sich heran, lässt sie einfach nicht gelten. Das ist nicht ganz neu, wenn man an vergangene Jahre denkt; es hat sich in dem Punkt nichts geändert. Jetzt kommt es darauf an, dass in den Betrieben und auf der Straße Bewegung ist. Die Haltung mancher Kolleginnen und Kollegen, die Gewerkschaft allein werde es schon richten, ist falsch: Es werden alle gebraucht."

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