Von negativen Schlagzeilen haben sich die Chefs der Ketten Saturn und Media-Markt bisher wenig beeindrucken lassen. Das alte Märchen von den günstigen Preisen, das immer wieder entzaubert wird, lassen sie ungeniert weiter erzählen. Neu und ziemlich spektakulär ist aber das Versprechen der Media-Saturn-Holding (MSH), Betriebsratswahlen zu respektieren. Lange Zeit war das anders.

Über 50 gescheiterte Versuche verzeichnet eine ver.di-Statistik allein für Media-Markt. Von 240 deutschen Filialen haben bisher nur drei einen Betriebsrat, der vorerst letzte wurde in Bremen gewählt. Ohne größere Probleme. Das ist neu. Bis vor kurzem liefen Wahlversammlungen alle nach Schema F ab: Führungskräfte traten lautstark auf und stellten den Sinn eines Betriebsrats in Frage. Der sei zu teuer, es drohten Verschlechterungen für das Personal. Sehr oft ähnelten sich die Argumente, mit denen die Stimmung gekippt wurde. Auch persönliche Verleumdungen von Gewerkschaftern gehörten zum Repertoire. Für die Media-Märkte München Euro-Industriepark ("Sie sind doch vorbestraft", hieß es dort) und Heidelberg ("Typisches Verhalten eines Suchtkranken") konnten die extremsten Fälle von Wahlbehinderung nachgewiesen werden. Eine eidesstattliche Erklärung im Münchener Fall belegt die Einflussnahme aus der Ingolstädter Zentrale.

Nur keine schlechte Presse

Das Schwesterunternehmen Saturn schneidet bei der Mitbestimmung etwas besser ab: Betriebsräte existieren in 20 der 142 Häuser. Gründe dafür finden sich in den Anfängen der Fachmarkt-Kette: Bevor Saturn mit Media-Markt zu einer Tochter des Handelsgiganten Metro verschmolzen wurde, gehörte Saturn zu Kaufhof, wo betriebliche Interessenvertretung seit jeher normal ist. Als die ersten Saturn-Märkte 1993 ausgegliedert wurden, schloss das die Belegschaft ein, die gleich einen neuen Betriebsrat bildete. Das hatte Folgen. "Die Übernahme von Kaufhof-Angestellten wurde sehr schnell eingestellt", ist in einem Gewerkschaftsprotokoll zu lesen. Media-Markt-Gründer Erich Kellerhals, ausgewiesener Betriebsratsgegner, stelle eigene Regeln auf.

Fast 20 Jahre später ist diese Einschätzung noch aktuell. "Media-Markt erklärt Metro den Krieg", titelte Bild online Anfang April. Anlass ist eine Klage der Gründungsgesellschafter Kellerhals und Leopold Stiefel, die zusammen nur 25 Prozent Anteile besitzen, aber Vetorechte haben und über viele Jahre fast im Alleingang bestimmen konnten. Sie blockierten viele Pläne des Mutterkonzerns. Zum Eklat kam es, als Metro-Chef Eckhard Cordes im März einen Beirat für die MSH-Holding (Jahresumsatz 20,8 Milliarden Euro) durchsetzte. Bereits Anfang 2011 war auf seinen Druck hin der Geschäftsführer ausgewechselt worden. Die relative Machtlosigkeit der Metro AG, die immerhin eine 75-prozentige Mehrheit hat, scheint damit zu Ende zu gehen. Auch das Gewicht der Mitbestimmung könnte wachsen.

"Die Anschläge auf die Mitbestimmung müssen aufhören", hatten die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Margret Mönig-Raane und Media-Markt-Experte Dirk Nagel vor wenigen Wochen bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf gefordert und mehr öffentlichen Druck in Aussicht gestellt. Anfang März sagte die Unternehmensleitung der beiden Elektronikketten bei einem Gespräch mit ver.di zu, Betriebsratswahlen in keiner Weise zu behindern. Die Erfahrung in Bremen, wo kürzlich ein neuer Betriebsrat gewählt wurde, lässt hoffen. "Das Verhalten der Geschäftsführung war korrekt", berichtet ver.di-Betreuer Richard Schmid. "Sie wollte offenbar auf keinen Fall negative Schlagzeilen." Andreas Hamann