Ist die Ausbildung abgeschlossen, glauben Jugendliche oft, dass sie jetzt niemanden mehr benötigen, der sie bei der Durchsetzung ihrer Interessen beim Arbeitgeber unterstützt. Manchmal kommen ihnen aber auch ihre Ansprechpartner/innen bei der Gewerkschaft abhanden, weil sie den Betrieb wechseln oder bisher nur die Jugendvertreter/innen kannten, nicht aber den Betriebsrat. Die ver.di-Jugendlichen in den Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV) begleiten die Auszubildenden daher noch ein Stück, wenn sie nach ihrer Ausbildung in die Berufswelt eintreten. Ein Passierschein reicht da nämlich nicht

Ist die Ausbildung abgeschlossen, glauben Jugendliche oft, dass sie jetzt niemanden mehr benötigen, der sie bei der Durchsetzung ihrer Interessen beim Arbeitgeber unterstützt. Manchmal kommen ihnen aber auch ihre Ansprechpartner/innen bei der Gewerkschaft abhanden, weil sie den Betrieb wechseln oder bisher nur die Jugendvertreter/innen kannten, nicht aber den Betriebsrat. Die ver.di-Jugendlichen in den Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV) begleiten die Auszubildenden daher noch ein Stück, wenn sie nach ihrer Ausbildung in die Berufswelt eintreten. Ein Passierschein reicht da nämlich nicht


"Die fühlen sich einfach gut aufgehoben"

Simon Fijalkowski, 24, GJAV-Vorsitzender der Deutschen Post AG in Bonn über die Mitnahme von Auszubildenden

ver.di PUBLIK | Du bist als Interessenvertretung und als Gewerkschaftsmitglied aktiv. Was genau machst du?.

Simon | Ich hab in einer Niederlassung der Deutschen Post AG in Weiden meine Ausbildung zum Kaufmann für Dialogmarketing gemacht. Dort bin ich freigestellter Jugendvertreter in der Dreier-JAV unserer Niederlassung und darüberhinaus Vorsitzender der Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung in Bonn.

ver.di PUBLIK | Wie viele Auszubildende habt ihr?

Simon | In Weiden, in der Niederlassung, aus der ich ursprünglich komme, haben wir im Moment 32 Azubis in verschiedensten Ausbildungsberufen.

ver.di PUBLIK | Welche sind das?

Simon | Wir haben Kaufleute für Dialogmarketing, das ist dann eher im Callcenter-Bereich. Dann gibt es Fachkräfte für Lagerlogistik, weil wir auch ein Versandzentrum haben. Außerdem bilden wir für IT-Berufe aus, nämlich zum Fachinformatiker und Informatik-Kaufmann. Und seit 2012 haben wir auch die Mechatroniker/-innen.

ver.di PUBLIK | Ist die Ausbildung erst einmal geschafft, treten manche Jugendliche direkt wieder aus der Gewerkschaft aus, obwohl sie den Schutz einer starken Organistaion im Berufsleben gut gebrauchen können. Wie sieht die Situation bei euch aus?

Simon | Bevor wir uns mit diesem Punkt beschäftigt haben und aktiv geworden sind, haben immer ein paar ihre Mitgliedschaft beendet. Zwar nicht in Massen, aber schon vereinzelt hier und da. Seit wir unsere Aktionen ins Leben gerufen haben, kann ich nur noch Positives berichten. Wir halten dadurch auch nach ihrem Abschluss Kontakt zu den Ex-Auszubildenden, stellen ihnen Ansprechpartner/-innen vor, die nach der Ausbildung für sie zuständig sind und geben ihnen Infos mit. Die meisten erkennen dann auch, dass Gewerkschaft eine gute Sache ist – zum Beispiel der Rechtsschutz oder wenn es Tarifverhandlungen gibt – und bleiben in der Regel Mitglied bei ver.di.

ver.di PUBLIK | Wie sieht das im Einzelnen aus? Was macht ihr, um mit den ehemaligen Azubis in Kontakt zu bleiben?

Simon | Wir bringen alle Auszubildenden im dritten Ausbildungsjahr auf einer Jugendversammlung zusammen. Dazu kommen dann die Betriebsratsmitglieder aus den entsprechenden Bereichen und stellen sich vor. Außerdem erklären wir, was ver.di auch nach der Ausbildung für die Beschäftigten alles macht. Und wir erläutern noch mal den Ablauf von Tarifverhandlungen.

ver.di PUBLIK | Wie reagieren die Jugendlichen darauf?

Simon | Unsere Erfahrung ist auf jeden Fall, dass wir dadurch viele Mitglieder halten und weiter begleiten können. Sie fühlen sich dann einfach gut aufgehoben. Und denken sich nicht: "Jetzt bin ich mit der Ausbildung fertig, und es interessiert sich keiner mehr für mich."

ver.di PUBLIK | Der Übergang ins Berufsleben ist ja auch ein spannender Lebensabschnitt. Welche Fragen haben die Auszubildenden an euch?

Simon | Sie fragen oft nach dem Sonderurlaub für Seminare, denn die wollen die meisten schon in Anspruch nehmen. Dann interessiert sie vor allem auch, wie es nach der Ausbildung aussieht, ob die Ausbildungszeit gleich Beschäftigungszeit ist beziehungsweise warum das nicht so ist. Denn beim Urlaub ist es ja so geregelt. Aber da sind wir ja in ver.di auch dran, um bei Ausbildungs- und Beschäftigungszeit eine ähnliche Regelung durchzu-setzen.

ver.di PUBLIK | Kannst du den Begriff Beschäftigungszeit mal kurz erklären?

Simon | Es gibt bei uns die Entgeltsysteme. Nach zwei Jahren kommt man immer in die nächsthöhere Stufe. Die Ausbildung zählt da allerdings noch nicht mit. Es sind sozusagen zwei bis drei Jahre, die den Auszubildenden fehlen. Wenn jetzt einer von der Straße eingestellt wird und drei Jahre arbeitet, dann bekommt der auch drei Jahre Zeit angerechnet. Der Auszubildende, der qualifiziert wird, bekommt diese Zeit dagegen nicht. Beim Urlaub wird also die Ausbildungszeit angerechnet, aber beim Entgelt nicht. Und das versuchen wir jetzt neu zu regeln.

ver.di PUBLIK | Macht ihr neben dieser Veranstaltung zum Ausbildungsende noch etwas anderes für die Auslernenden?

Simon | Die Auszubildenden bekommen von uns weiterhin regelmäßig Informationen per E-Mail zugeschickt. Zu Seminaren und ähnlichem, woran viele ja auch Interesse haben. Wir begleiten die Auszubildenden also weiter nach ihrer Ausbildung.

ver.di PUBLIK | Am Ende der Ausbildung ist die Übernahme die entscheidende Frage, die auch für die Mitgliedschaft eine wichtige Rolle spielt. Wie sieht das bei euch momentan aus?

Simon | Bei uns in den Niederlassungen - in den Privatkundenfilialen - werden immer alle übernommen, weil wir immer nur nach Bedarf ausbilden. Das ist natürlich ein Vorteil bei uns. Deswegen kann ich jetzt auch nicht sagen, Leute würden ihre Mitgliedschaft kündigen, weil sie nicht übernommen wurden.

Interview: Stefan Zimmer

"Die meisten erkennen, dass Gewerkschaft eine gute Sache ist."