Immer mehr Menschen arbeiten digital über das Internet auf virtuellen Plattformen als sogenannte Crowdworker/innen. Sie sind Selbstständige (Freelancer), die aus Unternehmen ausgelagerte, meist - nicht immer - kleinteilige Aufgaben übernehmen. Sie programmieren, klicken, designen, schreiben Texte oder entwickeln technische Lösungen. Alles, was übers Netz machbar ist, kann an diese Gruppe Selbstständiger ausgelagert werden. Crowdworking boomt. Die Vermittlungsagentur Freelancer bietet auf ihrer Website mittlerweile Zugang zu 16 Millionen Crowdworkern, UPwork zählt neun Millionen registrierte freie Mitarbeiter/innen und die in Deutschland angesiedelte Plattform Clickworker hat nach eigenen Angaben 700.000 Angemeldete. Weltweit soll es laut Crowdsourcing.org fast 3.000 solcher Plattformen geben.

Weltweite Konkurrenz und Lohndumping

"Selbstbestimmt und frei arbeiten, was man will, wann man will und wo man will, das wünschen sich viele Crowdworker, und das macht die Arbeit im Netz so begehrt", sagt Karl-Heinz Brandl, ver.di-Bereichsleiter für Innovation und Gute Arbeit. Crowdworker betrachten es als Chance, ihre Arbeitsleistung weltweit anbieten zu können, und hoffen, selbstbestimmt zu arbeiten. Doch ihr Alltag sieht meist anders aus: Sie sind abhängig von Klickraten, stehen unter hohem Konkurrenzdruck und arbeiten nicht selten sogar ohne Lohn.

"Crowdworking eröffnet zwar neue Erwerbsmöglichkeiten für Selbstständige, es gibt aber keine Mindeststandards bei Arbeitsentgelt, Arbeitszeit und Arbeitsschutz", sagt Brandl. "Was als Freizeitaktivität von Programmierern begonnen hat und vor wenigen Jahren ein Garant für Spaß und schnelle, innovative Ergebnisse war, entwickelt sich zunehmend zur harten Realität für Selbstständige, deren Arbeitsalltag von Konkurrenz, Lohn- und Sozialdumping geprägt ist."

ver.di hat sich auf dem Bundeskongress im September vorgenommen, die Digitalisierung zu gestalten und gegen prekäre Arbeitsformen vorzugehen. Crowd-working ist dabei ein wichtiges Gestaltungsfeld. Einmal, weil bisherige Stammbelegschaften durch das Auslagern von Aufgaben ins digitale Netz unter Druck geraten, aber auch, weil ver.di den Anspruch hat, gute Arbeitsbedingungen für alle zu erreichen - auch für Crowdworker/innen. "Unser gewerkschaftliches Leitbild ist Gute Arbeit, alle haben ein Recht darauf", so Brandl.

ver.di will bestehende Arbeitsplätze der Stammbelegschaften schützen, damit sie nicht durch billiges Auslagern ins weltweite Netz verlorengehen oder sich durch die Konkurrenzsituation verschlechtern. Die Gewerkschaft will aber auch für Selbstständige im Netz gute Arbeitsbedingungen schaffen, so wie es bei Unternehmen mit tariflichem Schutz selbstverständlich ist. Dazu gehören Fragen der Arbeitszeit und des -schutzes, der Umgang mit den Daten und die Entlohnung.

Crowdworker/innen sind als Selbstständige jedoch traditionell nicht in einer Gewerkschaft organisiert. Um den Kontakt zu ihnen herzustellen und sie langfristig gewerkschaftlich zu organisieren, geht ver.di deshalb neue Wege. So begann die Gewerkschaft am 24. September gemeinsam mit der Plattform "jovoto" den Dialog mit Crowdworker/innen - mit dem Ziel, von ihnen zu erfahren, wie sie ihre Chancen und Risiken beurteilen. Der Austausch findet im Netz auf http://verdi.jovoto.com statt.

Schon jetzt gibt es Hilfen für die kreativen Köpfe im Netz. So hat ver.di eine Sonderausgabe der Zeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb unter dem Titel "Gute Arbeit für die Crowd" herausgegeben. Auf verdi.de bündeln sich Informationen auf einer neuen Unterseite: http://innovation-gute-arbeit.verdi.de/themen/crowdworking. Dort findet man die Zeitschrift, aktuelle Studien und Publikationen. Und seit Frühjahr 2015 gibt es eine Beratungsplattform für Crowd- und Cloudworker: www.cloudworker-beratung.de

Marion Lühring