Ausgabe 08/2016
Der Trick mit der Schließung
Die T-Online-Redaktion in Darmstadt wird geschlossen, künftig werde in einem sogenannten Newsroom in Berlin produziert. Das wurde den Beschäftigten von T-Online am 20. September mitgeteilt. Erst im Oktober 2015 hatte die Telekom T-Online an die Außenwerbefirma Ströer verkauft. Zum 1. April kommenden Jahres werden nun die mehr als 100 T-Online-Beschäftigten von dem neuen Eigentümer abserviert. Auf die neuen Arbeitsplätze in Berlin könnten sie sich bewerben, ob sie auch genommen werden, sei aber offen, wurde ihnen mitgeteilt. Über die Gründe für diesen Schritt kann nur gemutmaßt werden, doch die Vorteile aus der Sicht des Arbeitgebers liegen auf der Hand: Die Beschäftigten in der Redaktion von T-Online hatten noch aus der Zeit, als die Telekom Eigentümer war, einen guten Tarifvertrag. Der gilt noch immer.
Durch die Schließung der Redaktion umgeht Ströer die Konsequenzen eines Betriebsübergangs nach Paragraph 613a BGB. Der Newsroom in Berlin soll lediglich 60 Arbeitsplätze bieten. Und ob dort ähnlich gute Konditionen gelten werden, darf zumindest bezweifelt werden. Die Stellenausschreibungen auf der Internetseite von Ströer listen lediglich die Anforderungen auf, etwa die "hohe Bereitschaft, Schicht- und Wochenendarbeit zu leisten". Dann wird mit flachen Hierarchien und Startup-Feeling in einem jungen, motivierten Team geworben. Zur Bezahlung wird geschwiegen, die Bewerber sollen sich aber auf "einen Kicker und richtig guten Kaffee" freuen.
Freuen konnte sich auch Ströer, denn der Kauf von T-Online war nach eigenen Angaben ein gutes Geschäft. Bei den Halbjahreszahlen lautete die Botschaft "Ströer: Starke Zahlen dank T-Online-Zukauf". Die Umsätze im Digital-Bereich haben sich mehr als verdoppelt, im gesamten Konzern kletterte das Ergebnis um 79 Prozent. Die Beschäftigten haben sich schon von "ihrem" Unternehmen T-Online mit einer "Trauerfeier" verabschiedet. In der sogenannten Trauerrede hieß es: "Wer solche Mitarbeiter nicht schätzt, der hat sie auch nicht verdient." ver.di-Unternehmensbetreuer Thomas Müller ist es wichtig, dass die Folgen für die Beschäftigten abgemildert werden: "Wir verhandeln mit dem Arbeitgeber über eine Transfergesellschaft, der Betriebsrat verhandelt über Abfindungen." Silke Leuckfeld
ver.di-Blog zu T-Online: https://stroeerfeuer.org