Ausgabe 08/2017
Wir müssen unüberhörbar und unübersehbar sein
Manuel Gellenthin
Seit Mai 2017 hat der ver.di-Bezirk Kiel-Plön einen neuen Geschäftsführer. Der ver.di-Bundesvorstand bestellte auf Empfehlung des Bezirksvorstandes Manuel Gellenthin als neuen Geschäftsführer, nachdem seine Vorgängerin Susanne Schöttke zur Landesbezirksleiterin in Nord gewählt wurde. Manuel war vorher als Gewerkschaftssekretär für Sparkassen und Callcenter in Mecklenburg-Vorpommern zuständig und ist schon seit seiner Jugend gewerkschaftlich organisiert und ehrenamtlich in ver.di aktiv.
Nach nur wenigen Monaten der Einarbeitung in einem der stärksten ver.di-Bezirke im Norden geht es jetzt für den neuen Bezirksgeschäftsführer und sein Team in die Vorbereitung wichtiger Tarifrunden: Die Beschäftigten bei der Deutschen Telekom, der Deutschen Post, der Stadt Kiel, in den Dienststellen des Jobcenters und der Agentur für Arbeit, die Kolleginnen und Kollegen der Stadtwerke, Sparkassen, Müllverbrennung, der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, der Bundeswehr, bei den Theatern und viele, viele mehr stehen wieder vor Tarifverhandlungen.
Die ersten Forderungen werden bereits diskutiert. Es geht um Prozente, Arbeitszeit und Urlaub. Manchmal sind auch ein Nahverkehrsticket und die Übernahmen der Auszubildenden wichtige Themen. Als Bezirksgeschäftsführer muss Manuel Gellenthin überall dabei sein und möglichst alle Themen gut kennen. Wenn dann die Verhandlungen nicht vorankommen oder gar scheitern, stehen Warnstreiks und Streiks an, um berechtigte Forderungen durchzusetzen.
"Im August hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung geschrieben, dass Gewerkschaften trotz guter Rahmenbedingungen angeblich zu niedrige Löhne vereinbaren", sagt Manuel Gellenthin. Aus seiner Erfahrung wird dabei der wichtigste Aspekt der Verhandlungen ausgeblendet. "Tariffragen sind Machtfragen", stellt er fest, "diese Erkenntnis gewinnen alle Beschäftigten in Zeiten der Auseinandersetzung". Der neue Bezirksgeschäftsführer steht klar auf der Position, dass gewerkschaftliche Mächtigkeit durch die Masse der Menschen, die sich an Aktionen und Streiks beteiligen und Mitglied in ver.di sind, entsteht: "Wenn wir etwas durchsetzen wollen, dann müssen wir unübersehbar und unüberhörbar sein. Es reicht nicht, die Fahnen aus dem Keller zu holen. Wir müssen auch kreativer werden. "
1. Mai in Kiel, noch ohne eigenes Plakat
An der Sichtbarkeit von ver.di und damit an der Durchsetzung von Forderungen können alle mitarbeiten. Nötig dafür ist oft nur ein alter Karton von der letzten Bestellung und ein dicker schwarzer Stift und schon ist das ganz eigene, individuelle Plakat fertig. Selbstverständlich geht es auch künstlerischer, wenn zum Beispiel auf Bettlaken große bunte Banner gestaltet werden. "Wichtig ist eins: Forderungen individuell darzustellen, erhöht die Glaubwürdigkeit, und das macht uns stärker", sagt Manuel Gellenthin. Wer ein eigenes Schild malt, zeichnet oder bastelt, begeistert so auch seine Kolleginnen und Kollegen und macht die Forderungen für Presse und die Arbeitgeber verständlich und authentisch.
Der neue Bezirksgeschäftsführer denkt weiter. Die Arbeitswelt verändert sich und bringt neue Herausforderungen. Die Interessenvertretung ändert sich dadurch auch. "Manchmal sind auch neue Streikformen und Aktionsmaterialien nötig, um sich veränderten Bedingungen anzupassen. Damit haben wir in der Gewerkschaftsjugend sehr gute Erfahrungen gemacht", so Manuel Gellenthin.
Uwe Gier, ver.di-Vorsitzender im Be- zirk Kiel-Plön, ist ebenfalls gespannt auf die kommenden Tarifauseinandersetzungen. "Für das kommende Tarifjahr wünsche ich mir viele selbstgemachte Schilder, Transparente und Plakate. Wir zeigen den Arbeitgebern und unseren Kolleginnen und Kollegen, was uns besonders wichtig ist und was wir können", sagt er.