Ausgabe 05/2018
Mitarbeiter, nicht Hilfskraft
Aris Harkat, 30 Jahre, studentischer Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Technischen Universität, TU, Berlin
Ich bin Student der Sozial- und Rechtswissenschaften an der Technischen Universität und an der Humboldt-Universität in Berlin. Neben dem Studium arbeite ich noch 41 Stunden im Monat als Mitarbeiter am Institut für Soziologie der TU. Dort untersuchen wir, wie in modernen Einsatzzentralen, zum Beispiel in Feuerwehren oder großen Unternehmen, Macht und Kontrolle durch digitale Kommunikation ausgeübt werden. Die Bezeichnung studentische Hilfskraft, die in vielen Jobausschreibungen ja noch auftaucht, mag ich übrigens überhaupt nicht. Ich sehe mich als studentischen Mitarbeiter. Denn ich leiste qualifizierte Arbeit, nicht nur Hilfsarbeiten. Zum Beispiel erhebe ich Videodaten in sozialen Situationen, die ich später wissenschaftlich auswerte. Außerdem transkribiere und archiviere ich Videos anderer, führe Literatur-Recherchen durch und erledige Büro-Arbeiten. Einen typischen Arbeitstag gibt es bei mir nicht. Genauso wenig wie einen festen Arbeitsplatz. Ob ich gerade im Großraumbüro oder im Video-Labor sitze, hängt von meiner jeweiligen Aufgabe ab. Am liebsten aber bin ich mit der Kamera draußen unterwegs, denn da komme ich mit Menschen in Kontakt.
Die Grundlagen für meine Arbeit habe ich in Marburg gelernt, als ich dort studiert habe. Auch da war ich schon als studentischer Mitarbeiter angestellt und habe Lehrveranstaltungen über allgemeine Theorien der Soziologie gegeben. Um mein Studium zu finanzieren, habe ich außerdem als Werkstudent bei der Deutschen Post AG gearbeitet. Dabei bin ich Mitglied bei ver.di geworden. Unter anderem habe ich als Briefzusteller gearbeitet und die schlechten Arbeitsbedingungen hautnah erlebt. Beim großen Post-Streik 2015 war ich natürlich dabei. Meine Erfahrungen von damals ließ ich direkt in eine Forschungsarbeit zum Thema Arbeitskampf einfließen.Seit dieser Zeit bin ich der Gewerkschaft treugeblieben und engagiere mich aktuell stark in der Tarifbewegung um den sogenannten TVStud. Das ist der Tarifvertrag für die studentischen Beschäftigten an den Berliner Universitäten, mit dem es allerdings seit 17 Jahren keine Lohnerhöhungen mehr für uns gibt. Das wollen wir ändern und genau dafür streiken wir momentan. Zusätzlich arbeite ich in Organisations-Komitees mit und habe schon viele Kolleginnen und Kollegen überzeugen können, bei ver.di einzutreten. Ich kann mir vorstellen, weiter in der Wissenschaft zu bleiben, auch wenn die Arbeitsverhältnisse oft prekär sind. Ich wäre schon gerne der Erste in meiner Familie, der promoviert. Zudem habe ich eine grobe Themenidee für meine Doktorarbeit. Es soll um Machtverhältnisse und Mittel der Gegenmacht gehen. Dabei denke ich auch an Gewerkschaften als Gegenmacht. Denn wir müssen unsere Arbeitsverhältnisse aktiv gestalten. Wir dürfen sie nicht einfach so hinnehmen.
Text: Maren Skambraks