Es war der klassische Domino-Effekt: Erst musste der britische Reisekonzern Thomas Cook Group plc Insolvenz anmelden. Kurz danach gerieten auch die bis dahin rentablen deutschen Tochtergesellschaften Thomas Cook GmbH und die Fluggesellschaft Condor unter Druck. Während letztere weiter ihr Geschäft betreiben kann, hat der Reiseveranstalter Thomas Cook seine Aktivitäten bis zum Jahresende eingestellt und ein Insolvenzverfahren beantragt.

"Die Auswirkungen einer Pleite wären enorm", sagt Marina Schwarz, Betriebsratsmitglied in der deutschen Thomas-Cook-Zentrale im hessischen Oberursel. "Neben den rund 2.000 Beschäftigten, die direkt bei Thomas Cook sowie den Tochtergesellschaften Neckermann, Bucher, Öger, Air Marin sowie in Flughafen- und Reisebüros arbeiten, hängen noch viele weitere Menschen von diesem Unternehmen ab, etwa Angestellte eigenständiger Reisebüros, von Agenturen und Hotels in den Reiseländern." Schon jetzt spreche man in der Branche vom "Lehman Brothers der Reisebranche". Die Pleite der US-amerikanischen Bank im September 2008 hatte eine internationale Banken- und Finanzkrise ausgelöst.

So weit soll es bei Thomas Cook nicht kommen, wenn es nach Betriebsrat und ver.di geht. Beim ver.di-Bundeskongress hatte der Thomas-Cook-Beschäftigte und Kongressdelegierte Björn Wolf eine Solidaritätserklärung für die Mitarbeit-r*innen des Reiseunternehmens vorgetragen: "Ziel ist es, weitere Beschäftigung für die Kolleg*innen zu ermöglichen", rief er und erhielt Standing Ovations für sein Engagement.

Marina Schwarz betont, dass Arbeitsplätze in nennenswerter Zahl nur gerettet werden können, wenn das Reiseunternehmen fortgeführt wird. "Wir glauben an das Produkt Pauschalreise, obwohl es jetzt von manchen schlecht geredet wird." Die Mehrzahl der Urlauber*innen wolle nach wie vor eine Reise im Gesamtpaket buchen. Einen Knacks hat der gute Ruf der Pauschalreise durch die unzureichende Absicherung des Ausfallrisikos erlitten. Nach EU-Recht soll jede*r Reisende bei Insolvenz des Veranstalters hundert Prozent der Kosten erstattet bekommen. In Deutschland wurde dies durch den Insolvenz-Sicherungsschein umgesetzt, der jedoch nur ein Ausfallrisiko bis 110 Millionen Euro absichert. Thomas Cook hat sich an deutsches Recht gehalten und das Ausfallrisiko wie vorgesehen versichert. Dieser Betrag reicht nicht für die komplette Entschädigung aller Reisenden, die bis Jahresende ihre gebuchte Reise nicht antreten können.

Dauerhaft rentabel

Die vorläufigen Insolvenzverwalter der Thomas Cook GmbH versuchen derzeit, Investoren zu finden, die dem Unternehmen zur Wiederaufnahme des Reisegeschäfts im neuen Jahr verhelfen – gegebenenfalls ergänzt um einen Überbrückungskredit durch den Staat. Die Beschäftigten erhalten noch bis einschließlich November Insolvenzausfallgeld von der Bundesagentur für Arbeit. Sie alle hoffen auf eine rechtzeitige positive Entscheidung.

Für die Fluggesellschaft Condor mit ihren rund 4.900 Beschäftigten geht es dank eines staatlichen Überbrückungskredits erst einmal weiter. Mitte Oktober bewilligte die EU-Kommission die ratenweise Auszahlung von 380 Millionen Euro durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Bundesregierung und hessische Landesregierung bürgen für den Kredit. Condor muss ihn innerhalb von sechs Monaten zurückzahlen oder aber mit einer Umstrukturierung nachweisen, dass der Flugbetrieb dauerhaft rentabel betrieben werden kann. Gudrun Giese