Jüngst erst hat ver.di einen Tarifvertrag für die rund 4.000 Beschäftigten des Bankhauses ING abgeschlossen. Erstmals wurde darin ein individuelles jährliches Weiterbildungsbudget in Höhe von 500 Euro vereinbart. Die Beschäftigten können es auch über mehrere Jahre hinweg ansparen. Damit erweitern ver.di und der Arbeitgeber einen Tarifvertrag zu Gesundheits- und Altersteilzeitregelungen aus dem Jahr 2017. Der neue Tarifvertrag beinhaltet zudem weitere Vereinbarungen zur Weiterbildung, eine Ausweitung des Anspruchs auf Freistellungsphasen sowie Kinderbetreuungs- und Pflegekostenzuschüsse; geeinigt haben sich beide Seiten auch auf tarifliche Sonderzahlungen.

ver.di-Verhandlungsführer Jan Duschek weist darauf hin, dass das tariflich vereinbarte Weiterbildungsbudget in dieser Form ein Alleinstellungsmerkmal in der Branche sei. Er wünscht sich, dass "das in anderen Häusern Schule macht". In der gesamten Branche tue sich zwar schon etwas, aber "nicht in dem Tempo und in der Qualität". Auch das zuständige ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz bezeichnete den Abschluss als "zukunftsweisend und innovativ". Mit den Regelungen zum Thema Weiterbildung könne man "den Wandel in der Bankenbranche positiv mitgestalten und Arbeitsplätze sichern".

Immer häufiger sind es mehr als Gehaltsabschlüsse, die ver.di aushandelt. Das jüngste Beispiel ist die Postbank (siehe Seite 5). Dort stimmten über 90 Prozent der ver.di-Mitglieder für einen Abschluss, der eine Wahlmöglichkeit vorsieht, die Tariferhöhung in Freizeit umzuwandeln. Auch Zeitsparkonten, Gleitzeit sowie finanzielle Zuschüsse zur Kinderbetreuung und vieles mehr ist in Tarifverträgen geregelt, die ver.di für ihre Mitglieder aushandelt.

So hat ver.di im November auch ihre Aktionswoche unter das Motto "Vereinbarkeit von Arbeit und Leben" gestellt. Bundesweit haben ver.di-Aktive bei Aktionen in Betrieben und Dienststellen, aber auch auf Straßen und öffentlichen Plätzen Mitgliedern und Noch-Nicht-Mitgliedern gezeigt, was man in einer starken Gemeinschaft alles durchsetzen kann. Weitere Beispiele: 2011 vereinbarte ver.di bei der Deutschen Post AG einen Demografie-Tarifvertrag mit einem Kombimodell aus Zeitwertkonten und Altersteilzeit. 2018 handelte ver.di für sie bis zu 102,46 Stunden Entlastungszeit aus, in die die Entgelterhöhung umgewandelt werden kann.

In mittlerweile 15 Kliniken hat ver.di Entlastungsregelungen erkämpft, damit die Beschäftigten nicht noch länger warten müssen, bis die Politik die unbedingt notwendige gesetzliche Regelung schafft. Bei der Telekom gelten ein Tarifvertrag zur Telearbeit und eine Betriebsvereinbarung zur flexiblen Arbeit. Und im öffentlichen Dienst werden die Beschäftigten im Vorfeld der Tarifrunde nach ihren Vorstellungen befragt.

Die Beschäftigten der Sana-Kliniken profitieren von einem tariflich vereinbarten Zuschuss von 100 Euro zu den Betreuungskosten ihrer schulpflichtigen Kinder. Und ver.di-Mitgliedern steht ein zusätzlicher freier Tag im Jahr zu, wenn sie ihn für ein Gesundheitsangebot nutzen. Bei den bayerischen Nahverkehrsunternehmen wurde 2019 ein ganzes Paket an entlastenden Maßnahmen vereinbart.

Klar ist aber auch, dass nur dort Beschäftigte von solchen Regelungen profitieren, wo Tarifverträge gelten. Daher ist es wichtig, die Tarifbindung zu stärken. Und mit mehr Mitgliedern können die Gewerkschaften zudem mehr Druck für bessere Arbeitsbedingungen machen. hla

Leitkommentar Seite 15