Der Markt, der freie Wettbewerb, kann vieles regeln, aber nicht alles. Das bekommen seit Jahren immer wieder Solo-Selbstständige zu spüren. Seit der Anpassung des deutschen Wettbewerbsrechts an das entsprechende Europarecht 2005 sind sie in Deutschland verstärkt den freien Kräften des Markts ausgeliefert. Empfehlungen zu üblichen Vergütungen, wie es sie bis dato für verschiedene Branchen gegeben hat, in denen Solo-Selbstständige tätig sind, fielen weg. Die Europäische Union betrachtet sie wie klassische Unternehmen, die Kartelle bilden und Preise untereinander absprechen und so quasi den freien Wettbewerb ausschalten können.

"Die Kommission darf sich weder in die Modalitäten noch in die Inhalte von Tarifverhandlungen und -verträgen einmischen. Zudem müssen wir ermächtigt werden, Honorarempfehlungen abzugeben, falls die Auftraggeber nicht zu Verhandlungen bereit sind" Frank Werneke, ver.di-Vorsitzender

ver.di ist mit über 30.000 Mitgliedern im Bereich der Solo-Selbstständigen die stärkste Organisation in Europa und will, dass die EU künftig den Abschluss von Tarifverträgen für Solo-Selbstständige aller Branchen erlaubt, um sie vor Dumpinghonoraren und schlechten Bedingungen zu schützen. Eine entsprechende Stellungnahme hat ver.di am 24. Februar 2022 der EU-Kommission vorgelegt. Die EU-Kommission sucht derzeit nämlich nach Wegen, Solo-Selbstständigen bei der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen über Kollektivverträge mehr Rechtssicherheit zu geben. Dazu müsste diese Erwerbstätigengruppe aus dem europäischen Wettbewerbsrecht ausgenommen werden.

Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke erläutert: Kollektivverhandlungen mit den Auftraggebern müssten ausnahmslos für alle Solo-Selbstständigen legalisiert werden, um die prekären Arbeitsverhältnisse in einzelnen Branchen zu verbessern. "Die Kommission darf sich weder in die Modalitäten noch in die Inhalte von Tarifverhandlungen und -verträgen einmischen. Zudem müssen wir ermächtigt werden, Honorarempfehlungen abzugeben, falls die Auftraggeber nicht zu Verhandlungen bereit sind", so der ver.di-Vorsitzende. Man könne nicht weiter zulassen, dass Auftraggeber einseitig Honorare festlegen, während den Solo-Selbstständigen verwehrt werde, Tarifverträge abzuschließen.

Was sagt die EU?

Grundsätzlich steht die EU-Generaldirektion Wettbewerb einer Änderung des bisherigen Wettbewerbsrechts positiv gegenüber: "Kollektivverhandlungen können ein mächtiges Instrument sein, um bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen. Für Einzelpersonen, die keine Arbeitnehmer sind, kann das Wettbewerbsrecht jedoch ein Hindernis für Kollektivverhandlungen zur Verbesserung ihrer prekären Situation darstellen." Entsprechende Leitlinien will die EU-Kommission noch in diesem Jahr vorlegen.

Ob das, was die EU-Kommission am Ende möglich macht, in der Realität dann einen Unterschied macht, hängt von der Wirkmächtigkeit ab: Dafür müssen sich Selbstständige in ver.di organisieren.

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red.