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Mehr als 4 Prozent der EU-Bürger*innen haben bereits für Onlineplattformen gearbeitet

Wir bestellen unsere Kleidung im Internet, vereinbaren Termine mit Behörden und übermitteln unsere Steuererklärung online. All das geschieht per Mausklick. Dahinter aber stehen echte Arbeitsleistungen von Menschen. Ohne Suchmaschinen, Onlinemarktplätze und globale digitale Infrastruktur ist die Arbeitswelt von heute kaum mehr vorstellbar. Doch während einzelne dabei gut verdienen, gibt es immer mehr sogenannte Clickworker*innen, die für Kleinstaufträge nur wenige Cents bekommen. Häufig unter großem Zeitdruck, ohne tariflichen Schutz und digital überwacht.

Bei Amazon sind die Beschäftigten beispielsweise mit Hilfe von Scannern, Apps und Kamerasystemen digitaler Kontrolle und Leistungsüberwachung ausgesetzt. Zudem verdienen sie nur knapp über dem Mindeststundenlohn. Warum die Algorithmen was entscheiden, bleibt ebenfalls undurchsichtig. Das Experiment mit einer Software zur Personalrekrutierung musste der Konzern wieder abbrechen, nachdem die KI unter anderem begonnen hatte, in Bewerbungen nach dem Wort "Frau" zu suchen, um Bewerberinnen abzuwerten. Über das Debakel berichtet der neue "Atlas der Digitalen Arbeit", der gemeinsam von DGB und Hans-Böckler-Stiftung herausgegeben wurde. Er ist prall gefüllt mit Berichten, Daten und Fakten quer durch alle Branchen.

Durchgängiges Thema ist, dass die digitalisierte Arbeit in der Pandemie überall stark zugenommen hat. Innerhalb kurzer Zeit wurde knapp die Hälfte aller Beschäftigten von Unternehmen mit neuer Software und Apps ausgestattet. Ob für Videokonferenzen, Kommunikation oder die digitale Arbeit in Teams. Doch so praktisch das Arbeiten im Homeoffice für viele auch ist – solange parallel keine Kinder im Haushalt zu betreuen sind, wird der Arbeitsdruck beim Arbeiten in häuslicher Umgebung dennoch fast immer größer. Digital und mobil arbeitende Beschäftigte können zwar häufiger ihre Arbeitszeit selbst einteilen, doch sie klagen auch über entgrenzte und belastende Arbeitszeiten. Positiver Effekt: Im Verlauf der Pandemie ist die Sorge vorerst gesunken, durch Arbeit im Homeoffice Nachteile bei der Karriere zu erleiden.

Auch in den Verwaltungen stehen die Zeichen überall auf Digitalisierung, allerdings langsamer als in der Wirtschaft. 93 Prozent der öffentlich Beschäftigten geben an, ihre Arbeit sei von Digitalisierung betroffen. Rund 63 Prozent nutzen elektronische Geräte, 89 Prozent E-Mails zur Kommunikation. Jedoch ist die Technik oft veraltet. Es fehlt an öffentlichen IT-Dienstleistern, um mit der Privatwirtschaft mitzuhalten, der Leistungsdruck steigt. 55 Prozent aus der öffentlichen Verwaltung sagen, dass die Arbeitsbelastung durch die Digitalisierung zugenommen hat. Die Menge der Aufgaben sei größer geworden, die Zahl der gleichzeitig zu bearbeitenden Vorgänge auch. Zwar entscheiden im Amt (noch) keine Automaten, doch auch dort werden bisherige Tätigkeiten verändert und immer öfter durch digitale Lösungen ersetzt.

Was die Arbeitswelt künftig noch erwarten kann, lässt sich auch aus folgenden Daten ablesen: Im Jahr 2021 arbeiteten laut Europäischer Kommission 28 Millionen Menschen auf digitalen Plattformen. Bis 2025 sollen es bereits 43 Millionen sein. Ein großer Anteil (43,3 Prozent) der Online-Arbeitenden verdient mehr als 1.000 Euro die Woche, 17,3 Prozent aber nur zwischen 500 bis 1.000 Euro und rund 18 Prozent weniger als 25 Euro die Woche, also nur ein Taschengeld, so eine Studie der Hochschule Rhein-Waal, die in der Broschüre zitiert wird. Für die meisten Clickworker*innen stellt die Arbeit auf den Plattformen aber einen wesentlichen Teil des Einkommens dar. Ihre Interessen zu schützen und Rechte auszubauen, ist daher eine wichtige Zukunftsaufgabe. Bei der Regulierung ihrer Arbeit setzt die EU-Kommission deshalb an drei Stellen an: Arbeitsbedingungen, Bezahlung und soziale Absicherung.

Kostenfreie Bestellung des Atlas oder Download: dgb.de/atlas-der-arbeit oder boeckler.de/atlas-der-arbeit

Weitere Betriebsbeispiele und mehr zum Thema Digitalisierung auf ver.di.de:

kurzelinks.de/366v