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Briefzusteller mit voll beladenem Lastenrad – bei jedem Wetter für den Erfolg der Deutschen Post AG unterwegsFoto: Sebastian Kahnert//picture alliance/dpa

Die Tarifrunde für die 160.000 Beschäftigten bei der Deutschen Post AG beginnt im nächsten Jahr. ver.di geht mit einer Forderung von 15 Prozent in die Verhandlungen. Zuvor hat die Gewerkschaft ihre Beschäftigten befragt und am 21. November entschieden, die Tariftabellen im Entgelttarifvertrag sowie im Tarifvertrag Vertrieb bei der Deutschen Post AG fristgerecht zum 31. Dezember 2022 zu kündigen. Damit ist die Friedenspflicht zu den tariflichen Entgelten am 1. Januar 2023 beendet und Streiks sind ab Januar 2023 nicht ausgeschlossen.

Egal ob es stürmt, regnet oder schneit, die Zustellerinnen und Zusteller bei der Deutschen Post AG sind bei jedem Wetter unterwegs. Und auch in vielen anderen Abteilungen, sorgen Postbeschäftigte dafür, dass Briefe und Pakete bei den Menschen ankommen, beispielsweise in den Verteilzentren, in den Büros von Verwaltung und Buchhaltung oder in der Technik.

Während andere Branchen in den letzten Jahren Kurzarbeit anmelden mussten, hat die Deutsche Post AG in der Corona-Krise Riesengewinne eingefahren und setzt ihre Erfolgsserie weiter fort. Jetzt stehen beim gelben Unternehmen die Tarifverhandlungen an. Wirtschaftlich läuft es für die Post AG gut, für die Beschäftigten aber nicht. Überall sind die Preise gestiegen, die Inflationsrate kletterte schon im September auf 10 Prozent, im Oktober lag sie bei 10,4 Prozent und im November erneut bei 10 Prozent. Die Menschen brauchen jetzt dringend mehr Geld, um das zu stemmen.

Um die Höhe der Forderung für die bevorstehende Runde bei der Post festzulegen, hat ver.di ihre Mitglieder in den Betrieben befragt, was sie wollen. Bundesweit 43.139 Mitglieder haben sich an der Befragung beteiligt. Auf dieser Grundlage hat die Tarifkommission die Forderungen beschlossen. Die Beschäftigten haben deutlich gemacht, sie erwarten den Ausgleich der Inflation und wollen am Unternehmenserfolg beteiligt werden. Der Mehrheit der Befragten reichen 10 Prozent nicht für einen nachhaltigen Inflationsausgleich. 65 Prozent der Befragten haben erklärt, dass sie das für zu gering oder gar viel zu gering halten. Auch einer Sonderzahlung wie beispielsweise einem höheren Urlaubsgeld kann die Mehrheit nichts abgewinnen, 79 Prozent haben dem klar eine Absage erteilt, sie wollen eine nachhaltige monatliche Tariferhöhung.

Den Lebensunterhalt sichern

Am Geld mangelt es der Deutschen Post AG nicht. Sie macht Rekordgewinne und hat im November die Ergebnisprognose für 2022 im Konzern sogar noch einmal auf rund 8,4 Milliarden Euro angehoben. Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführerin Andrea Kocsis betont, dass die Beschäftigten es waren, die unter höchsten Belastungen gearbeitet und den Unternehmenserfolg ermöglicht haben. "Sie brauchen die deutliche Lohnsteigerung auch, um ihren Lebensunterhalt sichern zu können." Die Beschäftigten würden den Inflationsausgleich und darüber hinaus eine Beteiligung am Unternehmenserfolg erwarten.

Einer dieser Betroffenen ist Janos Hafeneger. Er arbeitet als Verbundzusteller für Briefe und Pakete in der Niederlassung Köln-West und ist aktiver ver.di-Vertrauensmann. Für die Tarifforderung würde er sogar streiken, sagt er. Selbstverständlich hat er auch bei der Befragung zur Forderungsfindung mitgeholfen. "Ich weiß deshalb von den Kolleginnen und Kollegen, dass die geforderten 15 Prozent absolut wichtig für sie sind. Wir spüren die Inflation an allen Ecken und Enden. Viel weniger darf in der Tarifrunde nicht rauskommen."

So sieht das auch Mohammad-Ali Gharagozlou. Als Techniker bei der mobilen Post in Reutlingen repariert er Fahrräder, Briefkästen und Ablagestellen. Sein Arbeitgeber müsse etwas vom Erfolg an die Beschäftigten weitergeben, sagt er. "Die Post hat mit unserer Arbeit viele Gewinne gemacht. Es wäre ein krankes System, wenn wir nichts davon abbekommen. Die Forderung von 15 Prozent ist angesichts der Inflation sehr logisch und sehr gut."

Dafür setzt sich Gharagozlou ein und redet auch mit seinen Kolleginnen und Kollegen darüber, wie wichtig es ist zusammenzuhalten. "Nur gemeinsam können wir etwas erreichen." Deshalb ist er auch ver.di-Vertrauensmann geworden und hat sich als Ersatzmitglied im Betriebsrat aufstellen lassen. "Wer Demokratie fordert, muss überall, im Betrieb, in der Gesellschaft und in der Politik, dafür einstehen und sich beteiligen." Auch er würde für den Tariferfolg streiken.

Am 6. Januar 2023 beginnen die Tarifverhandlungen. Nicht nur 15 Prozent für die Beschäftigten sind gefordert, ver.di will auch, dass die Ausbildungsvergütungen sowie die Entgelte der Studierenden in jedem Ausbildungsjahr monatlich um 200 Euro erhöht werden. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen. Zudem soll für die rund 22.000 Beamt*innen des Unternehmens die sogenannte Postzulage fortgeschrieben werden. Dabei handelt es sich um eine postspezifische Form der Sonderzulage für Bundesbeamt*innen. Die Beschäftigten sind jedenfalls bereit, für all das zu kämpfen.

Das wichtigsten FAQs

1. Wie kommt ver.di zu der Forderungshöhe von 15 Prozent?

ver.di verhandelt für 160.000 Beschäftigte bei der Deutschen Post AG und hat deshalb ihre Mitglieder gefragt, was sie fordern. 43.139 Mitglieder haben sich an der Befragung beteiligt. Aufgrund der Auswertung der Ergebnisse wurde die Forderung aufgestellt und von der ver.di-Tarifkommission beschlossen.

2. Warum ist die Forderung so hoch?

88 Prozent der Tarifbeschäftigten bei der Deutschen Post AG, zirka 140.000 der 160.000 Arbeitnehmer*innen im Unternehmen, sind in den Entgeltgruppen 1 bis 3 ETV-DP AG eingruppiert. Sie sind aufgrund ihres geringen Einkommens extrem stark von Steigerungen der Energiepreise und Lebensmittel betroffen, da sie einen großen Teil ihres Einkommens dafür aufwenden müssen. Sie brauchen dringend einen Inflationsausgleich.

3. Ist die geforderte Tariferhöhung gerecht?

Die Deutsche Post AG hat Rekordgewinne gemacht. Die Beschäftigten haben diesen Unternehmenserfolg mit ihrer Arbeitskraft unter erschwerten Bedingungen ermöglicht. Da ist es nur gerecht, dass sie jetzt ihren Anteil fordern, zumal sie die Tariferhöhung angesichts der stark gestiegenen Preise dringend brauchen.

3. Ab wann wird verhandelt?

Am 6. Januar 2023 beginnen die Verhandlungen.

5. Was fordert ver.di insgesamt?

15 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten sowie 200 Euro monatlich für Auszubildende und Studierende.