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Katharina Lorenz, Betriebsratsvorsitzende bei Galeria Langwasser in NürnbergFoto: Renate Koßmann

ver.di publik: Ihr habt eure Kündigungen bei Galeria Langwasser in Nürnberg bereits bekommen und den Ausverkauf gestartet, ihr sollt zum 30. Juni schließen. Wie ist die Stimmung?

Katharina Lorenz: Vor drei Jahren waren wir auch schon auf der Schließungsliste und sind dann noch mal von der Liste runterkommen. Das Entsetzen damals war total groß. Jetzt wiederholt sich das alles. Da hast du wieder die Bilder vor dir von vor drei Jahren. Aber unsere Belegschaft ist kämpferisch. Unsere Leute sind so hier in Langwasser. Das ist bei uns wie in einer kleinen Familie. Das ist hier nicht nur Arbeiten, da sind Freundschaften entstanden, die meisten sind schon über 20, 30 Jahre dabei. Und uns ist jetzt wieder bewusst geworden, dass wir möglicherweise getrennt werden. Ich glaube, den Menschen ist es sehr wichtig, dass wir zusammenbleiben und natürlich auch bei Galeria. Auch wenn es aktuell so aussieht, dass wir bald Göbel beziehungsweise Modehaus aachener sind.

Der Vertrag mit Friedrich Göbel, dem Inhaber der Modekette aachener, ist schon unterschrieben?

Ja, der Göbel war da und hat mit Betriebsrat und Geschäftsleitung gesprochen. Da ist natürlich wieder Hoffnung nach dem Motto, ich behalte meinen Arbeitsplatz. Was den Menschen aber nicht bewusst ist unter welchen Konditionen. Das eine ist das Gehalt, das angeglichen werden soll an den Tarif in Nordrhein-Westfalen. Aber zum Manteltarifvertrag hat sich der Göbel gar nicht geäußert.

Ehrlicherweise muss ich sagen, für die Mitarbeiter, hätten sie mit im Gespräch gesessen, hätte sich das alles gut angehört, weil sie jetzt das Gegenteil bekämen von dem, was wir bei Galeria haben: mehr Personal, mehr regionaler, mehr mitreden, mehr mitgestalten. Das hört sich alles gut an, aber auf der anderen Seite hatte ich den Eindruck, egal wie geil das ist, trotzdem sage ich, bei Galeria habe ich meinen Manteltarifvertrag. Für mich persönlich ist der das A und O. Und ich bin die letzte, die sagt, das Galeria ein guter oder sozialer Arbeitgeber ist, weil das ist er schon lange nicht mehr, wenn man überlegt, auf was wir schon alles verzichtet haben, wie viele Häuser geschlossen, wie viel Menschen auf die Straße gesetzt worden sind, wie man jetzt momentan auch mit der Tarifkommission umgeht und mehr.

Was ist im Manteltarifvertrag geregelt, was dir besonders wichtig ist?

Das sind Urlaubstage über die gesetzlichen hinaus, Zuschläge, wenn sonntags geöffnet wäre oder auch der Spätschichtzuschlag und noch viel mehr. Da wir bei Galeria Betriebsräte und einen Gesamtbetriebsrat haben – beides gibt es bei Göbel nicht –, ist vieles über den Manteltarifvertrag geregelt wie zum Beispiel auch die Arbeitszeiten.

Aktuell verhandelt ihr trotz allem noch über einen neuen Tarifvertrag mit Galeria.

In der Tarifrunde müssen wir jetzt natürlich gucken, wie wir die Belegschaft zu Aktionen bekommen. Einige sagen, warum soll ich jetzt hier für den Tarif streiken, wenn ich davon sowieso nicht mehr profitieren werde, Galeria für uns wahrscheinlich schon Geschichte ist. Dennoch haben zuletzt etwa 130 Leute bei unserem Warnstreik hier in den drei Nürnberger Galeria-Häusern mitgemacht. Die Gefahr ist nur, umso mehr der Göbel zum Vorschein kommt, die Übernahme durch ihn wahrscheinlicher ist, wird es auch schwierig, die Menschen von Aktionen für einen besseren Tarifvertrag zu überzeugen. Seit Oktober letzten Jahres hängen die Beschäftigten in der Luft, damals wussten wir noch nicht, ob wir auf die Schließungsliste kommen. Dann kamen die Liste und die Kündigungen. Die Leute wollen jetzt Klarheit, wollen einfach wissen, was ist über den 30. Juni hinaus, was passiert mit mir?

ver.di fordert im Falle der Übernahme einen sogenannten Betriebsübergang, das heißt, ihr würdet zu euren jetzigen Bedingungen übernommen. Würde euch das den Schritt erleichtern?

Ich glaube, für die Belegschaft ist es momentan eine Achterbahnfahrt. Persönlich gebe ich Galeria bis zum letzten Tag nicht auf. Sollte es zur Übernahme kommen, dann nur nach Paragraf 613a, also ein Betriebsübergang für ein Jahr, in dem du alles, was du in deinem Rucksack mit drin hast, alle Vereinbarungen etc. mit rübergehen.

Interview: Petra Welzel