Je nach Branche und Beruf gibt es große Unterschiede, wie sich der Klimaschutz auf die Arbeit auswirkt. Das belegt eine aktuelle Umfrage nach dem DGB-Index Gute Arbeit. Besonders stark verändert hat sich die Arbeit für Mitarbeiter*innen in der Ver- und Entsorgung.

Bei den Stadtwerken Wolfenbüttel arbeiten rund 135 Beschäftigte in den Sektoren Gas-, Strom- und Wasserversorgung. Vor allem in den Energiesparten wirke sich der Klimaschutz schon jetzt deutlich aus, berichtet der Betriebsratsvorsitzende Timo Polk. "Die von der Bundesregierung angekündigten Veränderungen bei der Wärmeversorgung sind ein großes Thema bei uns. Haben wir bisher bei der Erschließung von Neubaugebieten Gasleitungen gelegt, wird sich hier vieles ändern, aber derzeit weiß niemand, in welche Richtung." Ob die Infrastruktur sich eher auf Wärmepumpen oder auf ein Nahwärmenetz konzentrieren werde, sei noch ungewiss. "Klar ist allerdings, dass wir mit dem Arbeitgeber über Umschulung und Weiterbildung für die Beschäftigten sprechen, damit die Kolleginnen und Kollegen für neue Aufgaben geschult sind, wenn keine Gasrohre mehr zu verlegen sind."

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Auch im Strombereich der Wolfenbütteler Stadtwerke hat der Wandel bereits begonnen: So bedeutete die Vergabe des Rollouts "intelligenter" Messsysteme an einen Dienstleister, dass die eigenen Monteure verunsichert mit Blick auf die Zukunft sind, wie auch die Gute-Arbeit-Befragung ergeben hat. Sie werden sich neuen Aufgaben widmen müssen, für die sie eine passende Qualifikation benötigen. Möglicherweise müssen sie in ein anderes Team wechseln und wissen nicht, ob es künftig noch genug Arbeit für sie geben wird. Sie wünschen sich einen Verbleib der Kernkompetenzen bei den Stadtwerken.

Immerhin werde der Wandel bereits konkret umgesetzt. So hätten die Monteur*innen nun zusätzliche bzw. mehr Arbeit im Bereich der E-Mobilität, beispielsweise beim Errichten von Ladesäulen und auch beim Bau von Photovoltaikanlagen. Die Qualifizierungen wie auch der Einsatz in diesen Bereichen seien im vollen Gange. "Auch an anderen Stellen entsteht dadurch mehr Arbeit", so der Betriebsratsvorsitzende, "etwa bei der Registrierung und Erfassung neuer Stromerzeugungsanlagen."

Ohne Qualifikation große Sorgen

Wie wichtig den Beschäftigten jetzt eine zukunftssichernde Weiterbildung ist, wird auch durch die Umfrage deutlich: Die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in der eigenen Arbeit sorge für Zukunftsängste, "wenn es keine betrieblichen Weiterbildungsmöglichkeiten gibt", heißt es in der Umfrageauswertung zu Klimaschutz und Arbeit. "Ohne Qualifizierungsangebote machen sich 43 Prozent der Betroffenen (sehr) häufig Sorgen um ihre berufliche Zukunft. Sind umfassende Angebote vorhanden, liegt dieser Anteil bei 11 Prozent." Während die Konfrontation mit dem Thema in der Branche Ver- und Entsorgung am stärksten ausgeprägt sei, nähmen etwa im Gesundheitswesen lediglich 4 Prozent der Beschäftigten Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen wahr. Auf alle befragten Berufsgruppen bezogen, erklärte fast jede*r fünfte Beschäftigte bei der Arbeit in hohem oder sehr hohem Maß mit den Folgen des Klimaschutzes konfrontiert zu sein.

"Nur wenn der Umbau ökologisch und sozial gestaltet wird, wird er nicht zu einer Vertiefung gesellschaftlicher Spaltungen führen. Notwendig ist eine Verknüpfung von Klimaschutz und Guter Arbeit", heißt es in der Auswertung. Investitionen in Weiterbildung seien ein Schlüsselinstrument der sozial-ökologischen Transformation. Klar sei auch, dass manche Tätigkeitsfelder durch den Klimaschutz in Zukunft entfallen werden, etwa der Braunkohletagebau. Andere Bereiche könnten sich an den Wandel anpassen, wie die Beispiele aus Wolfenbüttel zeigen. Zudem würden künftig auch neue Aufgaben bedingt durch den Klimaschutz entstehen.

Bei den Zukunftssorgen der befragten Beschäftigten gab es nicht nur erhebliche Unterschiede zwischen Branchen, auch zwischen Berufsgruppen. Während Hochqualifizierte häufiger Folgen des Klimaschutzes auf die eigene Arbeit wahrnehmen, machen sie sich aber seltener Sorgen um ihre berufliche Zukunft: In hochkomplexen Tätigkeiten sind 10 Prozent besorgt, in Hilfs- und Anlerntätigkeiten 22 Prozent. Auffällig ist der Unterschied bei Befragten aus IT- und naturwissenschaftlichen Berufen: Auch wenn deren Arbeit hoch oder sehr hoch von Klimaschutzmaßnahmen betroffen wird, machen sich nur 4 Prozent Sorgen.

Für die meisten Beschäftigten führt der Weg in die berufliche Zukunft mit mehr Klimaschutz über eine passende Qualifizierung. Dabei ergab die Befragung, dass die "entsprechenden Angebote jedoch sehr ungleich verteilt" sind. Entscheidend ist die Betriebsgröße. Im Nachteil sind Beschäftigte in eher kleinen und mittleren Unternehmen, denen häufig keine eigene Weiterbildung angeboten wird. 49 Prozent der Befragten aus Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten gaben an, in (sehr) hohem Maß im Betrieb Qualifizierungsmöglichkeiten zu haben. Je größer der Betrieb ist, desto häufiger gibt es solche Angebote. Bei 2.000 und mehr Beschäftigten nennen 75 Prozent erhebliche Angebote.

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