Mediatoren helfen streitenden Kollegen, selbst eine Lösung für ihren Konflikt zu finden

Schon wieder herrscht im Großraumbüro dicke Luft: Die eine Kollegin reißt ständig das Fenster auf, die andere friert und protestiert. Ihr Versuch, die andere beim Chef wegen einer kleinen Verfehlung anzuschwärzen, hat die Situation weiter eskaliert. Schon seit Wochen reden die beiden nur noch das Allernötigste. Jede wünscht sich nichts sehnlicher, als dass die andere auf Dauer verschwindet.

"Mediation ist die Kunst, aus Gegensätzen Handlungsspielräume zu machen", sagt Claudia Hartwich. Zusammen mit einem Juristen leitet die Psychologin ein Seminar für Betriebs- und Personalräte, das die Bildungsvereinigung "Arbeit und Leben" in Nordrhein-Westfalen organisiert hat. Die Teilnehmer lernen, nicht selbst Lösungen für die Beteiligten vorzuschlagen, sondern ihnen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. "Dafür müssen sie häufig eingeschliffene Verhaltensweisen ändern", so Hartwich. Denn instinktiv stellen sich viele Betriebsräte zum Beispiel bei Mobbingvorwürfen auf die Seite des - vermeintlichen - Opfers und sehen sich in der Position des Retters. Oft fangen sie dann an zu beraten und bevorzugen Lösungen, die sie selbst gut finden. Doch wesentlich sinnvoller ist es, wenn sie eine neutrale Position einnehmen und den Streithähnen und -hennen erst einmal die Möglichkeit geben, in Ruhe zu sprechen und ihre gegenseitigen Bedürfnisse und Befürchtungen wahrzunehmen.

Nicht selten steckt hinter den Konflikten das Gefühl, dass der andere einen nicht wertschätzt oder den eigenen Arbeitsplatz bedroht. Bei der Suche nach Lösungen finden die betroffenen Kollegen dann häufig Wege, auf die die Betriebsräte nie von sich aus gekommen wären. Sind die Beteiligten bereit, sich auf ein Mediationsverfahren einzulassen, sind die Chancen gut, eine Lösung zu finden, so Hartwichs Erfahrung.

Für das Verfahren gelten mehrere Grundsätze: So lange der Prozess läuft, werden keine anderen Instanzen wie Vorgesetzte oder Arbeitsgerichte eingeschaltet. Alte Vorwürfe bleiben außen vor - es geht um eine Lösung für die Zukunft. Und schließlich versprechen sich die Beteiligten, nichts auszuplaudern, was hinter verschlossenen Türen abgelaufen ist. Brauchen sie später die Unterstützung eines Vorgesetzten für die Umsetzung der von ihnen gefundenen Lösung - also zum Beispiel getrennte Arbeitsräume oder eine Veränderung des Schichtplans -, verabreden sie, wie sie vorgehen wollen.

Sechs Ausbildungsbausteine

"Ich bekomme da ein gutes Handwerkszeug, das mir sehr bei der Gesprächsführung hilft", urteilt Petra Eleftheriadis, Betriebsrätin bei der Postbank-Filialbetrieb. Nicht nur das Erlernen der neutralen Position einer Mediatorin sei für sie sehr nützlich. Auch über Körpersprache weiß sie heute Bescheid, oder wie man aus einer aufgeladenen Situation die Hitzigkeit herausbekommt. Zwischen den Treffen kann sie das im Alltag ausprobieren.

Die Mediatorenausbildung besteht aus sechs Bausteinen à drei Tagen, die über mehrere Monate verteilt sind, und wird im Sommer 2008 erneut angeboten. Informationen bei Arbeit und Leben DGB/VHS NW e.V., Gerda Krug, Tel. 0211/9380019, E-Mail krug@aulnrw.de

Annette Jensen