AWO-Kreisverband Frankfurt am Main holt Personal zurück. Eine Entscheidung für Qualität und Wirtschaftlichkeit statt für Outsourcing und Lohndumping

Im August-Stunz-Zentrum: Küchenteam am Werk

Es duftet nach gebratenen Zwiebeln. Küchenleiter André Jordan rührt in der Schwenkpfanne, Barbara Krol wäscht Feldsalat. Die Vorbereitungen für das Mittagessen im August-Stunz-Zentrum laufen. Etwa 200 Essen werden im Altenpflegeheim der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Frankfurt täglich zubereitet. "Frisch und selbst gekocht", sagt AWO-Kreisverbandsgeschäftsführer Jürgen Richter stolz. Seit Juli 2007 sind alle Küchen in den sechs Altenpflegeheimen der Johanna-Kirchner-Stiftung, die für den Kreisverband die Heime betreibt, wieder in AWO-Hand. "Entgegen allen Trends haben wir mit Unterstützung von ver.di nicht nur das Küchenpersonal, sondern auch die Reinigungskräfte zurückgeholt", erklärt Richter. Besonders die Zubereitung des Essens gehöre als "Kernleistung" zurück ins Haus. Die Wiedereingliederung rechne sich nicht nur, sondern garantiere auch eine bessere Qualität.

Am Anfang stand die Not

Was wie eine Erfolgsgeschichte klingt, begann mit einer Notlage im Jahr 2005. "Wir mussten Kosten sparen und suchten nach Auswegen", sagt Richter. Um die schwierige wirtschaftliche Situation abzuwenden, wurde mit der Arbeitnehmervertretung und ver.di zunächst ein Sanierungstarifvertrag vereinbart. "Wir haben lange und kontrovers diskutiert", berichtet Gewerkschaftssekretärin Anja Schlosser vom ver.di-Bezirk Frankfurt am Main und Region. In schwierigen Verhandlungen suchte man nach einer Lösung, von der beide Seiten profitieren. Der Sanierungstarifvertrag verhinderte als erstes betriebsbedingte Kündigungen und weiteres Outsourcing. "Die Mitarbeiter brachten Opfer und verzichteten beispielsweise auf ihr Urlaubsgeld", sagt Gesamtbetriebsratsvorsitzender Heini Staub. ver.di überwachte die Sanierungsphase, in der rund eine Million Euro eingespart wurde. "Wir hatten immer im Blick, dass auch der Arbeitgeber seinen Beitrag zur Sanierung leistet", so Staub. Die AWO Frankfurt, die nicht dem AWO-Arbeitgeberverband angehört und 1200 Menschen beschäftigt, führte ein Qualitätsmanagement ein und suchte nach Wirtschaftlichkeitsreserven. "Bei der Qualität spielten Küche und Reinigung eine besondere Rolle", sagt Zentrumsleiterin Doris Mauczok. Schließlich seien die Mahlzeiten für die Senioren wichtig. Bei der Reinigung komme es auf Kontinuität an. "Die Menschen wollen nicht ständig Fremde im Zimmer haben."

Schutz vor Lohndumping

In drei der sechs Häuser waren die Küchen jedoch an andere Unternehmen vergeben. Das Reinigungspersonal gehörte in allen Häusern schon lange nicht mehr zur AWO-Belegschaft. Um die Wiedereingliederung zu ermöglichen, wurden zuerst in Zusammenarbeit mit einem Großhändler die Arbeitsabläufe in den Küchen überprüft. Die Einführung einer Stabsstelle "Verpflegung" und einer zentralen Rezeptdatei bündelte Ressourcen. Der Einkauf wird zentral organisiert, Vorräte werden für maximal drei Tage eingekauft. Ein monatlicher Budgetvergleich kontrolliert Ein- und Ausgaben.

Um neue Mitarbeiter zu finanzieren, mussten aber noch andere Wege gefunden werden. ver.di überzeugte den Arbeitgeber, den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD-K) zu übernehmen. "Der sicherte nicht nur Beschäftigung, sondern bot auch Schutz vor Lohndumping", erklärt Heini Staub. Über 30 Reinigungskräfte wurden neu eingestellt, von den 63 Küchenmitarbeiter/innen ist rund die Hälfte neu, andere wurden aus den Fremdfirmen übernommen.

Während der Verhandlungen habe sich ein Vertrauensverhältnis entwickelt, sagt Gewerkschaftssekretärin Schlosser. "Es wäre gut, wenn das auch mit anderen Arbeitgebern gelingen würde." Auch Geschäftsführer (und ver.di-Mitglied) Richter ist zufrieden. "Wir wollten gemäß unserem Leitbild mit gutem Beispiel vorangehen."

Dass den Bewohnern das Selbstgekochte besser schmeckt, zeigt die Resonanz. Auch immer mehr Mitarbeiter, Nachbarn und Angestellte aus umliegenden Firmen nutzen das Angebot in den Speisesälen der Heime.