Archivare, Bibliothekare und Museumsmitarbeiter - wer einen kulturbewahrenden Beruf hat, muss sich mit der Digitalisierung von Beständen und Datenbanken auskennen

Die Abschlussfahrt nach Paris steht bevor: Die Klasse schaut bei einem virtuellen Rundgang, was sie im Louvre erwartet. Außerdem erforschen die Schüler über euromuse.net, welche Ausstellungen es dort noch gibt. Im Nachbarzimmer blättern Jugendliche in einer Gutenberg-Bibel, ohne dass ein Archivar vor Schreck in Ohnmacht fällt. Die Schule der Zukunft?

Seit November soll die "Digitale Bibliothek für Europa - Europeana.eu" den Zugriff auf viele Kultur- und Buchbestände erleichtern. Doch die für Medien zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding drängt die Mitglieder zu größeren Anstrengungen für das Wissen im Netz: In Europas Bibliotheken lagern über 2,5 Milliarden Bücher, aber nur ein Prozent gibt es in digitaler Form. Zusätzlich 120 Millionen Euro Fördergeld will sie nun bereitstellen.

Die Digitalisierung des Kulturerbes zählt inzwischen zu den Grundaufgaben aller Kultureinrichtungen, erklärt Manfred Thaller, Leiter des Instituts für Historisch-Kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitung an der Universität Köln. IT-Kenntnisse über Meta-Daten gehörten deshalb in die Ausbildung aller kulturbewahrenden Berufe, so der Professor. An seinem Fachbereich werden junge Leute ausgebildet, die sich nicht nur in der Geschichte auskennen sollen, sondern auch die Kenntnisse haben, um Datenbanken für die Geisteswissenschaften sinnvoll zu strukturieren und zu vernetzen. Eine Schlüsselrolle spielt der Erwerb umfangreicher IT-Kompetenzen auch bei den Studiengängen "Archiv", "Bibliothek" oder "Information und Dokumentation" an der FH Potsdam, die Studiengänge für Abiturienten und Fernstudien für Archivare und Biliothekarinnen anbietet. Und die FU Berlin bietet in den Weiterbildungskursen "Museums-" und "Bibliotheksmanagement" Grundkenntnisse zur Digitalisierung an. Der Kurs für Archivare wird auch von Beschäftigten an Museen, Bibliotheken, Stiftungen und Klöstern belegt.

Bildqualität ist sehr wichtig

Doch nicht allein Archivarinnen und Museumskuratoren beschäftigen sich mit der Digitalisierung von Kulturgütern, betont Beatrix Klein, ver.di-Personalrätin am Historischen Archiv Köln. Notwendig sei, dass sie gut zusammenarbeiten mit Mitarbeitern von Fotowerkstätten. Die sollten möglichst direkt in den Kultureinrichtungen angesiedelt sein, damit die wertvollen Bestände nicht außer Haus gebracht werden müssen. Außerdem wissen die speziell ausgebildeten Fotomedienlaboranten, auf was es bei den oft kostbaren Objekten ankommt.

Auch wenn eine neue Studie der amerikanischen Nielsen Norman Group behauptet, dass der Sinn von Texten am Bildschirm schlechter verstanden wird als auf Papier, dürfte sich das Lernen mit digitalisiertem Material weiter ausbreiten - in der Schule, an Universitäten und im Beruf. Und auch wenn die echte Akropolis beeindruckender ist als die virtuelle, so kann eine Darstellung im Netz doch auch neugierig auf sie machen. Anfang Dezember jedenfalls werden in Berlin wieder Bildungsexperten bei der Tagung online-educa.de über e-Learning, das elektronische Lernen diskutieren. Im letzten Jahr interessierten sich mehr als 2100 Teilnehmer aus 95 Ländern für das Thema.Susanne Stracke-Neumann