In Deutschland fordert ver.di fünf Prozent mehr Einkommen für die Beschäftigten. In Österreich ist ein heftiger Tarifkonflikt im Gange

Während in Deutschland der Unternehmerverband der Druckindustrie (bvdm) auch in der zweiten Verhandlungsrunde Ende April für 2009 jede tabellenwirksame Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen der bundesweit 170000 Beschäftigten ablehnte, zeichnete sich im Mai in Österreich ein Streik im grafischen Gewerbe ab. Dort wollen die Kapitaleigner die Löhne und Gehälter um bis zu 27 Prozent kürzen. Ihre Begründung: die Konkurrenz aus Deutschland. Dort seien die Lohnkosten in den letzten Jahren so weit gesunken, dass die Druckereien der Alpenrepublik nicht mehr mithalten könnten.

Das macht Stimmung

Nachdem in Frankfurt am Main die Tarifverhandlungen ergebnislos auf den 19. Mai vertagt worden waren, zeigten sich viele Mitglieder der zentralen ver.di-Tarifkommission für die Druckindustrie am 6. Mai während ihrer Tagung empört über das, was die Druckunternehmer als Angebot vorgelegt hatten. Die stellten sich - bei einer Gesamtlaufzeit des neuen Tarifvertrags von 24 Monaten - für den Oktober 2009 eine nach Lohngruppen gestaffelte Einmalzahlung von 160 bis 240 Euro vor, die aber auf betrieblicher Ebene bis Dezember 2009 zu verschieben und zu reduzieren sein oder sogar ganz entfallen können soll.

Für den April 2010 boten sie eine Lohn- und Gehaltserhöhung um 1,4 Prozent an, die ebenfalls mittels freiwilliger Betriebsvereinbarung bis zum 31. Dezember 2010 verschiebbar sein müsse. Das sei, so die gewerkschaftliche Sicht von Verhandlungs- und Tarifkommission, angesichts der ver.di-Forderung nach fünf Prozent mehr Einkommen "völlig unzureichend".

Andreas Fröhlich, zuständiger ver.di-Tarifsekretär, sagte gegenüber ver.di NEWS, die Druckindustrie in Deutschland habe sich in den letzten drei Jahren wirtschaftlich gut entwickelt: "Sicher gibt es Betriebe und Sparten der Branche, denen es nicht so gut geht. Aber unsere Forderung nach fünf Prozent berücksichtigt das bereits." Die Beschäftigten, so Fröhlich, erwarteten eine Wertschätzung ihrer Leistungen der letzten Jahre: "Deswegen gibt es in vielen Belegschaften auch eine kämpferische Stimmung."

Streikbrucharbeiten ablehnen

Eine solche Stimmung ist auch wegen der Situation in Österreich nötig, wo die Tarifverhandlungen gescheitert sind - und das in einer Situation, in der die Unternehmer Lohnsenkungen um bis zu 27 Prozent fordern und die Druckindustrie Anfang Mai vor einem großen Streik stand. Am 28. April gab es in den Wiener Verlagen Versammlungen, die Produktion wurde verzögert oder fiel ganz aus. Im Mai fanden Beschäftigtenkonferenzen in Graz, Salzburg und Wien statt, Urabstimmungen in den Betrieben wurden vorbereitet. Für den 13. Mai war in Wien eine Großdemonstration aller Gewerkschaften geplant, die aktuell in Tarifauseinandersetzungen stehen.

Der ver.di-Fachbereich Medien appellierte unterdessen an die Belegschaften und Betriebsräte in Druckindustrie und Zeitungsverlagen, Solidarität mit den österreichischen Kolleginnen und Kollegen zu zeigen. "Wir haben Informationen, dass die Arbeitgeber in Österreich im Falle von Streikmaßnahmen versuchen werden, in Deutschland drucken zu lassen. Wir bitten Euch dringend, in Euren Betrieben Streikbrucharbeiten abzulehnen und gegebenenfalls ebenfalls in Streik zu treten. Ihr könnt nicht verpflichtet werden, Streikbrucharbeit zu leisten", heißt es in einem ver.di-Aufruf an die Beschäftigten der deutschen Druckereien.

HENRIK MÜLLER

www.druck.verdi.de