Barbara Schroeder, 42, ist Ballettmeisterin beim Staatsballett Berlin

Meine Arbeit beginnt um 10.30 Uhrim Ballettsaal, wo ich das tägliche Training leite. Wir haben 89 Tänzerinnen und Tänzer, etwa die Hälfte trainiert bei mir. Sie beginnen mit langsamen, fließenden Übungen an der Barre, der Stange an der Wand, an der man sich festhält. Nach einer halben Stunde steigern wir Tempo und Schwierigkeitsgrad. Am Ende kommen die großen Sprünge.

Ab zwölf Uhr habe ich eine Probe. Die Pläne macht Ballettintendant Vladimir Malakhov. Jeder Ballettmeister hat ein Spezialgebiet. Ich trainiere auch die Schwäne, also die Tänzerinnen, die im "Schwanensee" das Ballet Blanc, das weiße Ballett, darstellen. Es gibt große Schwäne und kleine Schwäne. Sehr bekannt ist das Intermezzo der vier kleinen Schwäne, die sich in einer Reihe über Kreuz an den Händen halten und schnelle Schrittkombinationen tanzen.

Fertig ist man nie

Ich stamme aus Rostock, war neun Jahre in Berlin auf der Staatlichen Ballettschule und wurde danach gleich ins Staatsballett übernommen, erst ins Ensemble, dann als Solistin. Nach der Geburt meines Sohnes Julius, der heute sechs ist und Forscher werden möchte (nicht Tänzer!), wurde ich gefragt, ob ich es als Ballettmeisterin versuchen will. Eine aufregende Arbeit, bei der ich all meine Erfahrungen weitergeben kann. Und man ist nie fertig, will sich und die anderen immer weiter verbessern und muss dabei aufpassen, dass man nicht zu streng wird. Außerdem führe ich neue Tänzerinnen und Tänzer in bestehende Inszenierungen ein. Dabei geht es auch um das Darstelle-rische, damit die Geschichten auf der Bühne glaubhaft werden.

Mittags in der Kantine kann man sehen, dass Tänzer gute Esser sind. Sie trainieren so viel, da haben sie einen hohen Kalorienbedarf. Mein Mann ist auch Tänzer bei uns. Als Ballettmeisterin gebe ich Acht auf meine Leute. Sie sind Individuen, die aus 26 Nationen kommen. Wenn sie auf die Bühne gehen, müssen sie sich wohlfühlen. Wenn dann auch mein Intendant und das Publikum begeistert sind, habe ich gute Arbeit abgeliefert.

Abends gehe ich in die Vorstellung, um sie danach mit den Tänzern zu besprechen. Mitunter stehe ich in einer Charakterrolle auf der Bühne: In "Dornröschen" tanze ich die Königin, nächstes Jahr bin ich bei "Esmeralda" dabei. Wir haben eine breite Palette, von klassischem Tanz bis zu modernem Ballett. Unsere Solisten sind Stars, aber auch unser Ensemble wird von der internationalen Fachwelt immer wieder hoch gelobt. Allerdings wünscht man sich von Seiten der Politik mehr Anerkennung. Es ist schließlich enorm harte Arbeit, die im Ballett geleistet wird.

Protokoll: Gisela Sonnenburg