Ausgabe 04/2011
Nach dem Beruf an die Arbeit
Von Anfang an die Ärmel hochgekrempelt: Seniorinnen und Senioren in ver.di
Wer im ver.di-Bezirk Mittelbaden-Nordschwarzwald kurz vor dem Ende seines Berufslebens steht, bekommt von seinem Betriebs- oder Personalrat eine Mappe überreicht. Ein dezenter Hinweis auf das Alter? "Nein, aber die meisten schmunzeln erstmal", sagt Monika von Pigage, stellvertretende Vorsitzende des Bezirksseniorenausschusses. Denn vom Titel des Hefters mit dem ver.di-Logo schauen American-Football-Spieler/innen im Seniorenalter (unser Foto). Ihr Motto: "Dabei sein." Denn auch wenn der Berufsalltag zu Ende ist, hat ver.di noch eine Menge zu bieten.
Dann reichen mitunter die Stühle nicht
"Das Bild signalisiert, wir sind noch aktiv", sagt Monika von Pigage. Gemeinsam mit ihren Ausschusskolleg/innen hat sie sich die Mappe vor einigen Jahren ausgedacht. Und mit dieser Einstellung überzeugen sie auch andere, wie ein Blick auf die Mitgliederstatistik des Bezirks zeigt. Während früher viele den Ausstieg aus dem Berufsleben auch mit dem aus der Gewerkschaft verbunden haben, lassen sie sich jetzt von den Angeboten überzeugen. Dazu gehören Ausflüge ebenso wie politische Diskussionen, Computerkurse, der ver.di-Lohnsteuerservice, Rechtsschutz oder die Freizeitunfall-Leistung.
"Das Rückholteam sollte nicht so viel Arbeit haben", sagt Jürgen Ziegler. Der hauptamtliche Geschäftsführer des ver.di-Bezirks ist froh über seine aktive ehrenamtliche Seniorengruppe. Denn die packte nicht nur die Infomappen, die dann über die Betriebe und Dienststellen verteilt werden. "Sie haben von Anfang an die Ärmel hochgekrempelt", sagt er, "und fragen immer wieder, wo sie sich nützlich machen können".
Nützlich machen sie sich bei vielen Gelegenheiten. Sie arbeiten eng mit den Fachbereichen zusammen. Ist Hilfe gefragt bei Demos oder Streiks, sind die Senior/innen mit dabei. "Da erinnern wir die Seniorinnen und Senioren an ihre soziale Verantwortung", sagt Monika von Pigage. Aber sie interessieren sich ohnehin für politische Themen. Geht es in einem Vortrag zum Beispiel um Kasinokapitalismus, "dann bist du froh, wenn du genügend Stühle hast", erzählt die aktive Seniorin. Auf Bezirksebene finden viele Veranstaltungen in Karlsruhe statt. Das ist zwar nicht die Mitte des flächenmäßig großen Bezirks, aber für alle mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut und mit dem "Runzelkarte" genannten Seniorenticket auch günstig zu erreichen. Daneben gibt es noch dezentrale Veranstaltungen in den einzelnen Ortsvereinen.
"Uns trennt nichts, aber es verbindet uns eine Menge"
Einer der Höhepunkte ist eine Sternfahrt, die in diesem Jahr nach Esslingen führt. "Dabei lernen sich die Seniorinnen und Senioren des ganzen Bezirks kennen", sagt Monika von Pigage. Saßen sie anfangs häufig noch getrennt nach Ortsvereinen, ist es heute eine bunt gemischte Gruppe. Auch die Herkunftsgewerkschaft habe im Bezirk Mittelbaden-Nordschwarzwald nie eine Rolle gespielt. Der Zusammenhalt ist ihnen wichtig. Dazu zählen Geburtstagsglückwünsche ebenso wie Krankenbesuche oder das Angebot von Hilfe, zum Beispiel bei Behördengängen für die diejenigen, die sich das alleine nicht mehr zutrauen.
Gut ist die Zusammenarbeit mit der ver.di-Jugend des Bezirks, mit der man sich immer mal wieder zu gemeinsamen Seminaren trifft. "Uns trennt gar nichts, aber uns verbindet eine ganze Menge", hat Monika von Pigage festgestellt. Und so bleiben die ver.di-Seniorinnen und -Senioren aktiv. Auch im hohen Alter.
Heike Langenberg