Die Betriebsräte des Telefonanbieters KielNet brauchen Hilfe. Sie sind im Amt, vier von fünf sind bei ver.di organisiert, aber sie haben das Gefühl, dass sie mit ihrer Arbeit nicht so recht vorankommen. Auf Vermittlung ihrer ver.di-Betreuungssekretärin Susanne Schöttke finden sie diese Hilfe bei Rüdiger Paulsen. Er ist einer der Seniorpartner des ver.di Forums Nord, Bildungsträger des ver.di-Landesbezirks Nord.

In zwei Sitzungen erklärt er den Betriebsräten, wie man die gewerkschaftlichen Strukturen im Betrieb verbessern kann: durch die Gründung einer Betriebsgruppe. Hört sich vielleicht banal an, "aber man braucht Menschen, die mitmachen", sagt Rüdiger Paulsen. Denn das Ziel, das sich die KielNet-Betriebsräte gesteckt haben, ist groß. Sie wollen einen eigenen Tarifvertrag, um den tariflosen Zustand zu beenden. Schöttke und Paulsen machen ihnen klar, dass ver.di den nur durchsetzen kann, wenn mindestens die Hälfte der rund 80 Beschäftigten ver.di-Mitglieder sind. Erst dann ist die betriebliche Basis für die Forderung vorhanden. Um das zu erreichen, ist viel Überzeugungsarbeit durch die neue Betriebsgruppe und ihre Mitglieder nötig. Sie werden bei ver.di geschult und Rüdiger Paulsen begleitet sie noch ungefähr ein Jahr lang. Dann funktioniert eine Betriebsgruppe nach seiner Erfahrung aus sich heraus.

Die Idee für das Projekt der Seniorpartner ist vor rund zwei Jahren im ver.di Forum Nord entstanden, dessen Ehrenvorsitzender Paulsen ist. Ehemalige Haupt- und Ehrenamtliche haben überlegt, was sie für ver.di tun können, wenn sie im Ruhestand sind. "Jetzt beraten und betreuen wir in erster Linie Betriebsgruppen, Vertrauensleute und neu gewählte Betriebsräte", sagt Paulsen, selbst ehemaliger stellvertretender Leiter des ver.di-Landesbezirks Nord.

Ihr Angebot haben sie allen Fachbereichen und Bezirken im Landesbezirk unterbreitet. Rund zehn Seniorpartner gibt es, die noch Projekte übernehmen können. Aber nicht alle sind begeistert von der Idee: In einem Betrieb fehlt es an Resonanz der Beschäftigten zur Wahl eines neuen Betriebsrats, in einem anderen fehlt die Unterstützung durch den Fachbereich. Daher ist für Paulsen und seine Kollegen mittlerweile eine Voraussetzung, dass sich Beschäftigte, Fachbereich und Bezirk mit dem Seniorpartner an einen Tisch setzen und gemeinsam schauen, was gemacht werden kann. Aus Erfahrungen lernen auch die Seniorpartner dazu, tauschen sich untereinander aus.

Das macht einen guten Seniorpartner aus

Bei KielNet arbeitet die Betriebsgruppe mittlerweile selbstständig, die Unterstützung durch Rüdiger Paulsen braucht sie nicht mehr. "Am Anfang lade ich zum Beispiel zu Sitzungen ein, leite sie und schreibe Protokolle. Das gebe ich nach und nach ab", sagt Paulsen. In der Pflegeeinrichtung Stadtkloster ist der Seniorpartner überdies in diversen Gerichtsverfahren gefordert.

Was macht einen guten Seniorpartner aus? "Er braucht viel Erfahrung im gewerkschaftlichen Bereich", sagt Paulsen. Wichtig sind aber auch ehrenamtliche Strukturen und hauptamtliche Unterstützung. Er selbst sagt von sich, er mache das zum Spaß. Und er findet Wege, das Ehrenamt mit seiner Freizeit zu verbinden. Nach der Betriebsratswahl der Bewacher im ehemaligen Kernkraftwerk Lubmin, bei der er den Wahlvorstand unterstützt hat, ist er mit dem Fahrrad zurück nach Kiel geradelt. 400 Kilometer in fünf Tagen, immer an der Ostseeküste entlang. hla