In einigen Bundesländern ist es von deren Kassenlage abhängig, wie viel Schulgeld die Azubis in der Altenpflege zahlen müssen. In Bayern und Niedersachsen mobilisiert ver.di jetzt für eine kostenfreie Ausbildung

Fachkräfte in der Altenpflege werden gebraucht

Von Heike Langenberg

arla Bartelt ist Altenpflegerin. Sie arbeitet bei der AWO in Augsburg. Ihr Beruf macht ihr großen Spaß, "man lernt viel für sein eigenes Leben", sagt sie. Ihre Ausbildung, die sie 2007 beendet hat, war kostenfrei. Jetzt haben Altenpflegeschulen in Bayern angekündigt, dass sie wohl noch im laufenden Jahr Schulgeld einführen werden oder das bereits fällige Schulgeld erhöhen müssen. "Dann hätte ich meine Ausbildung vermutlich abbrechen müssen", sagt Karla Bartelt. Der Verdienst sei relativ gering, "da schlagen 50 Euro Schulgeld im Monat schon zu Buche", sagt sie. Sie weiß von Altenpflegeschüler/innen, die versuchen werden, das Schulgeld über einen Bildungskredit zu finanzieren. Andere überlegen, sagt Karla Bartelt, ihre Ausbildung abzubrechen.

Hintergrund der Ankündigung der Altenpflegeschulen im Freistaat ist eine Kürzung beim sogenannten Schulgeldausgleich. zwölf Millionen Euro zahlt das Kultusministerium bislang dafür jährlich an die Schulen. Aufgrund einer Haushaltssperre musste dieser Beitrag um zehn Prozent gekürzt werden. Außerdem ist infolge einer Werbekampagne des bayerischen Sozialministeriums die Zahl der Auszubildenden in diesem Beruf gestiegen - dringend benötigte Fachkräfte. Daraufhin wollte das Kultusministerium den Schulgeldausgleich von 200 Euro pro Monat und Schüler/in halbieren. Nach massiven Protesten von ver.di, Sozialverbänden und Schüler/innen sind es jetzt "nur" noch 50 Euro.

Schon über 4400 Unterstützer

"Uns reicht es jetzt", sagt Irene Gölz, zuständige Sekretärin im Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienst, Wohlfahrt und Kirchen des ver.di-Landesbezirks Bayern. "Ob man sich die Altenpflegeausbildung in Bayern leisten kann, kann doch nicht abhängig von der Kassenlage des Freistaats sein." Daher will ver.di Ende Juli eine Petition für eine kostenfreie Ausbildung beim bayerischen Landtag einreichen. Derzeit werden Unterschriften gesammelt, bis zum Redaktionsschluss Anfang Mai waren es über 4400. Neben der kostenfreien Ausbildung macht ver.di Bayern sich für eine ausreichende Finanzierung aller Altenpflegeschulen über öffentliche Mittel und eine Umlage zur Refinanzierung der praktischen Ausbildung stark. (www.kostenfreie-altenpflegeausbildung.de)

Auch in Niedersachsen sammelt ver.di Unterschriften für eine kostenfreie Altenpflegeausbildung. Hier müssen die meisten Azubis schon seit längerem Schulgeld zahlen. Jetzt hat die Landesregierung eine Kampagne für die Pflegeberufe gestartet. "Wer für den Beruf begeistern will, muss die Arbeits- und Ausbildungsbedingungen verbessern", begründet Annette Klausing, Sekretärin im zuständigen Fachbereich des ver.di-Landesbezirks, die Aktion.

Daher will ver.di jetzt Druck machen. Mit auf der Agenda steht im ver.di-Landesbezirk Niedersachsen-Bremen auch die Umlagefinanzierung des Ausbildungsentgelts. Eine bundesweite ver.di-Forderung, denn die Ausbildungsbetriebe können die Ausbildungskosten zwar auf den Pflegesatz umlegen, haben dadurch im reinen Vergleich der Kosten aber einen Wettbewerbsnachteil.

Außerdem setzt ver.di sich bundesweit für eine vollständige Förderung der dreijährigen Ausbildung als Umschulung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) ein. Das wurde 2003 gekippt, nur noch zwei der drei Jahre werden finanziell durch die BA unterstützt. Im Rahmen des Konjunkturpakets kam es zu einer Ausnahmeregelung, die Ende 2010 ausgelaufen ist. "Das hat bundesweit zu einem Wiederanstieg der Ausbildungszahlen geführt", sagt Gerd Dielmann, zuständiger Bereichsleiter in der ver.di-Bundesverwaltung. Er verweist darauf, dass die Umschüler/innen häufig einen Arbeitsplatz in der Altenpflege finden. "Das ist gut angelegtes Geld, sinnvoll und effektiv eingesetzt", sagt er.

Bundesweit uneinheitlich

Bundesweit ist die Finanzierung der Altenpflegeausbildung nicht einheitlich geregelt. In Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Schleswig-Holstein, Hessen, Bremen oder Brandenburg wird kein Schulgeld verlangt, in den anderen zumindest von einem Teil der Altenpflegeschulen. Diese Zersplitterung liegt daran, dass es erst seit 2003 eine bundeseinheitliche Altenpflegeausbildung gibt. Derzeit diskutiert eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern über eine einheitliche Pflegeausbildung, in der die Berufszweige Alten-, Kinderkranken- und Krankenpflege zusammengefasst werden. Ergebnisse erwartet Gerd Dielmann noch vor der Sommerpause. Er geht davon aus, dass dann auch die Altenpflegeschulen kostenlos werden - so wie es die Krankenpflegeschulen jetzt schon sind. Und nicht nur die: Die 350 im Berufsbildungsgesetz geregelten Ausbildungen sind generell kostenfrei für die Auszubildenden.