Achim Meerkamp ist ver.di-Bundesvorstandsmitglied und gehört zur Verhandlungsführung auf der Seite der Gewerkschaften

ver.di PUBLIK | Wie lief der Verhandlungsauftakt?

Achim Meerkamp | Gut. Wir haben volle drei Stunden miteinander geredet, das ist neu für den Beginn der Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Zum Einstieg haben wir unsere Forderungen genau begründet, volkswirtschaftlich, politisch, fachlich. Natürlich geht es um mehr Geld: Die Länderbeschäftigten haben Anspruch darauf, fair und gerecht bezahlt zu werden. In der Privatwirtschaft, aber auch im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen sind die Gehälter höher; diese Ungleichheit wollen wir nicht hinnehmen. Der Nachholbedarf ist groß. Anfang August wird der Abstand zu Bund und Kommunen schon auf 3,7 Prozent steigen. Dabei haben die Steuereinnahmen im vorigen Jahr mit etwas über 600 Milliarden Euro eine Rekordhöhe erreicht.

ver.di PUBLIK | Was haben die Arbeitgeber zu den Forderungen gesagt?

MEERKAMP | Sie haben viele unserer Argumente akzeptiert, im Gegenzug jedoch auf ihren Verteilungsspielraum hingewiesen, in den alle Forderungen am Ende hineinpassen müssten. Durch die Schuldenbremse seien ihre Verhandlungsmöglichkeiten reduziert. Je höher der Abschluss, desto mehr Personal müsse abgebaut werden.

ver.di PUBLIK | Wie geht es weiter?

SCHRÖDER | Die Arbeitgeber wollen sich bis zur Fortsetzung der Verhandlungen am 14. Februar mit jeder Forderung auseinandersetzen. Insbesondere wollen sie sich auf eine grundsätzliche Position zur tariflichen Eingruppierung der Lehrkräfte einigen, also in ihrer Mitgliederversammlung klären, ob sie darüber überhaupt verhandeln wollen.

ver.di PUBLIK | Warum ist die Situation der Lehrer/innen auch für ver.di so wichtig?

MEERKAMP | Von den mehr als 800.000 Tarifbeschäftigten der Länder sind 200.000 Lehrkräfte. Es ist eine Frage der Solidarität, für alle Betroffenen tarifliche Regelungen zur Eingruppierung zu vereinbaren, egal in welchem Bereich sie arbeiten. ver.di ist Verhandlungsführer der Gewerkschaften, und wir identifizieren uns mit diesem Ziel. Zurzeit bezahlen die Bundesländer die Lehrer nach Gutdünken, im Osten generell eine Entgeltgruppe niedriger als im Westen, in Sachsen sogar zwei. Das ist unglaublich, praktisch ein vordemokratischer Zustand. Der muss sich ändern. Aber dafür werden Aktionen nötig sein, im härtesten Falle auch Streiks.

ver.di PUBLIK | Welche Rolle spielt die Laufzeit des neuen Tarifvertrags? Kann es irgendwann dazu kommen, dass für Bund, Kommunen und Länder wieder gemeinsam verhandelt wird?

MEERKAMP | Wir bleiben dabei: Der Vertrag soll zwölf Monate gelten. Die Arbeitgeber wünschen sich eine längere Frist, da sie es in den Ländern oft mit Doppelhaushalten zu tun haben und langfristig planen wollen. Auch der neue Verhandlungsführer, Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn, legt Wert auf die Eigenständigkeit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Er begründet das mit der unterschiedlichen Personalsituation von Bund, Gemeinden und Ländern. Bund und Kommunen seien eher in der Lage, sich auf höhere Lohnzuwächse einzulassen. Ich sage dazu: Solange es uns gelingt, das weitere Auseinanderdriften der Arbeitsbedingungen in den Ländern einerseits und bei Bund und Gemeinden andererseits zu ver- hindern, haben wir auch die Chance, irgendwann wieder das Zusammenführen der drei Arbeitgeberverbände und gemeinsame Verhandlungen zu erreichen.

ver.di PUBLIK | Für die Auszubildenden bei den Ländern fordert ver.di die unbefristete Übernahme und 100 Euro mehr pro Monat. Wie war die Reaktion der Arbeitgeber darauf?

MEERKAMP | Ihr einziges Argument war, wir seien im Irrtum, sie hätten doch gar kein Nachwuchsproblem. Also wohl auch keinen Grund, sich damit zu befassen. Wir sind anderer Meinung. Die Länder werden in absehbarer Zeit Probleme mit der Gewinnung junger Kolleginnen und Kollegen bekommen, zum Beispiel bei der Feuerwehr, in den Straßenmeistereien und im IT-Bereich - wenn sie sie nicht schon haben. Uns geht es darum, qualifizierte Fachleute an den öffentlichen Dienst zu binden und dem Nachwuchs Perspektiven zu eröffnen. Mit einem Einjahresvertrag lässt sich nun mal keine Lebensplanung machen. Aber auch hier wird der Verhandlungserfolg davon abhängen, ob viele junge Leute mit lauten, gut sichtbaren Aktionen dabei sind.

Interview: Claudia von Zglinicki


Worum es geht

ver.di, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der dbb beamtenbund und tarifunion wollen in der Tarifrunde 2013 für die Beschäftigten der Länder

  • 6,5 Prozent mehr Lohn und 100 Euro mehr Ausbildungsvergütung,
  • die unbefristete Übernahme der Auszubildenden,
  • die Erhöhung der Feuerwehrzulage um 25 Euro,
  • die Geltung des Tarifvertrags der Länder (TV-L) für die technischen Theaterbeschäftigten mit künstlerischen Aufgaben,
  • Zusatzurlaub für Beschäftigte in der Psychiatrie,
  • die Tarifierung der Lehrkräfteeingruppierung,
  • keine Verschlechterung des Urlaubsanspruchs und
  • die Übernahme des Ergebnisses für die Beamt/innen bei einer
  • Laufzeit von zwölf Monaten.

www.verdi.de/themen/geld-tarif/tarifrunde-oeffentlicher-dienst-der-laender-2013