Ausgabe 03/2013
Gewerkschaft legt Verfassungsbeschwerde ein
Mitte April hat ver.di Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) eingelegt. Darin hatten die Richter/innen zwar bestätigt, dass zwei Streiks in kirchlichen Einrichtungen rechtens gewesen seien. Dennoch hat das BAG nach Auffassung von ver.di das Grundrecht auf Streik niedriger bewertet als das Organisationsrecht der Kirchen, im Rahmen der geltenden Gesetze ihre Angelegenheiten selbst regeln zu können.
Die Richter/innen hatten in ihrer Entscheidung drei Bedingungen genannt. Erfüllen die Kirchen diese, können sie das Grundrecht auf Streik aushebeln. Nach ver.di-Meinung bieten diese Bedingungen den Kirchen einen Gestaltungsspielraum, durch eigene Festlegungen und Regeln das Streikrecht der Gewerkschaften dauerhaft auszuschalten. "Wir sehen zur Zeit keine Möglichkeit, auch nur im Ansatz auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern verhandeln zu können", sagt Berno Schuckart-Witsch, im ver.di-Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen für Betriebs- und Branchenpolitik zuständig.
Der Gewerkschafter befürchtet, dass in Zukunft die Arbeitsgerichte über das Streikrecht von Fall zu Fall entscheiden müssen. Bei zwei Streiks Ende März in diakonischen Einrichtungen in Bückeburg und Heidelberg habe es keine rechtlichen Konflikte gegeben. Auch auf Gesprächsangebote der evangelischen Kirche werde ver.di eingehen. "Wir wollen gute Arbeitsbedingungen und eine gerechte Entlohnung durchsetzen", sagt der Gewerkschafter. Streik sei für ver.di kein Selbstzweck, sondern letztes Mittel in einer Tarifauseinandersetzung. Auch beim Evangelischen Kirchentag in Hamburg Anfang Mai hat ver.di das Thema in zwei Veranstaltungen mit dem ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske zur Diskussion gestellt.
Über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entscheidet jetzt das Bundesverfassungsgericht. Nach Auffassung von ver.di ist die BAG-Entscheidung auch völkerrechtlich bedenklich. Die Richter/innen hätten die Vorgaben der Europäischen Sozialcharta und vor allem von Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht ausreichend in ihre Abwägung einbezogen. hla