Es hat Jahre gedauert, bis die 270 Beschäftigten beim Etiketten-Hersteller X-label GmbH & Co. KG im thüringischen Gebesee einen Betriebsrat wählen konnten. Jetzt legen die neun im Gremium los

"Was lange währt, wird gut", sagt die 39-Jährige Offset-Druckerin Bettina Woska stolz. Seit 2006 arbeitet die Medientechnologin bei X-label in Gebesee bei Erfurt; im April 2013 wurde die couragierte Gewerkschafterin zur Vorsitzenden des ersten Betriebsrats seit Bestehen des Werkes gewählt. Und der Stolz ist berechtigt: Alle im Gremium haben sich ihre Arbeitnehmervertretung mit langem Atem erkämpft. Über Jahre waren sämtliche Initiativen für die Wahl einer Arbeitnehmervertretung vom Arbeitgeber im Keim erstickt worden. So versuchte er es auch am 13. Juni 2013 wieder, als die Initiator/innen den ersten Aushang für die Aufstellung eines Wahlvorstands im Betrieb angebracht hatten. "Das respektlose Verhalten der Geschäftsführung brachte die Belegschaft mit der Zeit richtig auf", sagt Woska. Immer mehr Kolleg/innen wurden Mitglied bei ver.di und unterstützten die geplante Wahl. Nach langem Hickhack musste der Wahlvorstand schließlich per Gerichtsbeschluss bestellt werden. Doch auch dieses Verfahren dehnte der Arbeitgeber unter Ausnutzung aller möglichen Fristverlängerungen aus - er ging bis vor das Landesarbeitsgericht.

Respekt und fairer Umgang

Als die Betriebsratswahl am 9. April 2014 endlich stattfinden konnte, beteiligten sich 90 Prozent der Beschäftigten. Jetzt stehen sie geschlossen hinter den drei Frauen und sechs Männern. Zuerst wollen sich die Neuen für ihre Aufgaben fit machen, im Mai hat ihr erstes Schulungsmodul bei ver.di begonnen. Sie wollen gut gerüstet sein, denn "wir können nicht erwarten, dass unser Arbeitgeber plötzlich zahm wird". Welche Probleme sie zuerst in Angriff nehmen wollen, ist klar: "Quer durch alle Bereiche - vom Verpacker bis zum Drucker, von der Verwaltungsangestellten bis zur Kollegin in der Wäscherei - vermissen wir die Wertschätzung und den fairen Umgang, der uns gebührt." Denn: "Wir haben das Werk seit dem Neubau 1997 mit aufgebaut, sorgen mit guter Arbeit und Engagement für erstklassige Produkte. Dafür haben wir Respekt und gute Entlohnung verdient." Daneben ist es vor allem die Schichteinteilung, die an den Kräften zehrt: Bei X-label wird in drei Schichten gearbeitet - ohne klare Freizeitregelungen ist das eine Strapaze für Familie und soziale Kontakte, aber auch für die Gesundheit. Eine familienfreundlichere Verteilung der Arbeit steht deshalb ganz oben auf dem Aufgabenplan des neuen Betriebsrates.

Ebenso wichtig sind Kontakte zu Verbündeten wie dem Betriebsrat bei X-label in Lübbecke. "Gemeinsam erreichen wir mehr", sagt Woska. Neben den Standorten in Gebesee und dem ostwestfälischen Lübbecke unterhält die X-label-Holding Werke in Solingen, im russischen St. Petersburg sowie in Blois in Frankreich. In der Unternehmensgruppe werden unter anderem Haftetiketten, Kunststoff- und Spezialverpackungen bedruckt. Das Geschäft läuft gut. "Am Erfolg des Unternehmens sind wir als Beschäftigte erheblich beteiligt. Das wissen wir", sagt Bettina Woska. Sie haben aber auch gelernt, dass ihnen nichts geschenkt wird. "Erst recht nicht, wenn wir nur abwarten." Ihr Fazit heißt: "Gute Leute, gute Arbeit, gutes Geld - das nützt dem Betriebsklima und dem Unternehmen. Das wollen wir erreichen. Dann macht die Arbeit auch wieder Spaß."