Die Kontrollmöglichkeit über die eigene Bezahlung ist seit zehn Jahren online

Für manche ist die Welt in Ordnung. Sie bekommen Tariflohn, weil der Arbeitgeber Mitglied im Verband ist und sie selbst in der Gewerkschaft sind. Und weil der Betriebsrat darauf achtet, dass die Eingruppierung stimmt. Für andere sieht die Welt nicht so aus. "Mein Mann kriegt nur 7,60 Euro pro Stunde", sagt die Ehefrau eines Berufskraftfahrers am Telefon. Weil ihr Mann dauernd unterwegs ist, ruft sie für ihn bei ver.di an. "Kann das sein? So wenig Geld? Überstunden bekommt er auch nicht immer bezahlt. Ist das üblich?"

Das lässt sich schnell herausfinden. Unter www.lohnspiegel.de geht der Berufskraftfahrer auf den kostenlosen Lohn- und Gehaltscheck. Er wählt die Rubrik "Transport/Logistik/Verkehr" und klickt auf Berufskraftfahrer. Seine Angaben: Mann, West, fünf Jahre Berufserfahrung, kein Vorgesetzter, der Betrieb hat weniger als 100 Beschäftigte. Jetzt trägt er noch ein, wie viele Stunden er pro Woche arbeitet, schon zeigt die Auswertung, dass Kolleg/innen in vergleichbarer Situation 10,69 Euro pro Stunde verdienen. Das Misstrauen der Anruferin war berechtigt.

Sinn des Lohnspiegels ist es, die tatsächlich gezahlten Löhne und Gehälter offenzulegen. Das gelingt, weil Beschäftigte selbst Auskunft über Einkommen und Arbeitsbedingungen geben. Den Lohnspiegel gibt es seit zehn Jahren. Seitdem haben rund 250.000 Männer und Frauen den Online-Fragebogen "Die Umfrage" ausgefüllt. Dort geben Beschäftigte an, wie viel sie verdienen, wie lange sie arbeiten, ob in Schichten und am Wochenende, ob ein Tarifvertrag gilt und es einen Betriebs- oder Personalrat gibt. Die Angaben werden vertraulich behandelt und bleiben anonym.

Die Daten aus der Umfrage sind die Basis für den Lohn- und Gehaltscheck, den der Berufskraftfahrer genutzt hat, um festzustellen, wie viel in seiner Branche üblicherweise bezahlt wird. Bei den Berufskraftfahrer/innen stützt sich der Vergleich auf mehr als 1200 Fragebögen. Je mehr Beschäftigte die Umfrage ausfüllen, desto genauer sind die Angaben beim Lohn- und Gehaltscheck.

Der Lohnspiegel wird vom Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung betrieben und liefert inzwischen Informationen zu Einkommen und Arbeitsbedingungen von 374 Berufen - von Erzieherinnen über Versicherungskaufleute, Ingenieure und Technikerinnen bis zu Bankkaufleuten und Sozialpädagoginnen.

18 Prozent mehr geld mit Tarifvertrag

Repräsentativ ist die Auswertung nicht, doch sie bietet eine gute Orientierung. "Beschäftigte verdienen in Betrieben mit Tarifvertrag um die 18 Prozent mehr als in Betrieben ohne Tarifvertrag", sagt Reinhard Bispinck vom Tarifarchiv des Instituts. Das gilt ganz ähnlich auch für die Berufskraftfahrer. Mit Tarifvertrag erhalten sie im Durchschnitt 17 Prozent mehr Geld und zudem häufiger Urlaubs- und Weihnachtsgeld als ihre Kollegen in tariflosen Unternehmen. Kürzere Wochenarbeitszeiten haben sie auch. Doch davon profitieren nur wenige Beschäftigte, die beruflich im Straßengüterverkehr unterwegs sind. Nicht einmal jeder Dritte der Befragten gab an, dass in seinem Betrieb ein Tarifvertrag gilt. Die Realität für Berufskraftfahrer/innen sieht meist so aus: lange arbeiten und wenig verdienen.

Zurück zu dem Kollegen, der nur 7,60 Euro pro Stunde verdient. Was würde ihm laut Tarif zustehen? Das kann er bei ver.di erfahren oder im Tarifarchiv. Laut Tarifvertrag in Baden-Württemberg sind es bei einem Berufskraftfahrer mit Ausbildung 15,02 Euro.

www.lohnspiegel.de

www.boeckler.de/index_wsi_tarifarchiv.htm

www.frauenlohnspiegel.de

Reportage Seiten 12+13