Licht aus, Spot an - IBM hat am Ende nachgegeben

Tief in der Nacht - um drei Uhr morgens - informierte IBM am 30. März vergangenen Jahres die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, dass 1.000 Stellen gestrichen werden sollen. Damit begann ein zäher Kampf, am Ende knickte das IT- und Beratungsunternehmen ein: Urteile in Arbeitsgerichtsprozessen, die betroffene Beschäftigte mit Hilfe des ver.di- und DGB-Rechtsschutzes gewonnen hatten, wurden akzeptiert, bereits angekündigte Revisionen zurückgezogen.

Bis dahin war es ein langer Weg. Bereits Ende 2015 befürchteten die Betriebsräte und ver.di-Konzernbetreuer Bert Stach, dass IBM Massenentlassungen plant. Damals war der europäische Betriebsrat des US-amerikanischen Unternehmens von der Konzernleitung informiert worden, dass in mehreren europäischen Standorten Stellen wegfallen sollen. Nach den vorliegenden Informationen hätte das 2.000 bis 3.000 Arbeitsplätze in Deutschland betreffen können. "2.500 davon scheinen den Planungen zufolge bereits relativ fix zu sein", sagte Bert Stach im November 2015 dem Magazin Wirtschaftswoche. IBM reagierte prompt und drohte Bert Stach und IBM-Konzernbetriebsrat Wolfgang Zeiher deshalb mit "Schadensersatzansprüchen, die sich gegebenenfalls aus (...) Spekulationen ergeben können". Sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen wurde beiden gedroht. Danach verstummte IBM öffentlich. Erst in der denkwürdigen Nacht des 30. März 2016 wurden die Karten auf den Tisch gelegt: Als Teil des Stellenabbaus sollte 1.000 Beschäftigten betriebsbedingt gekündigt werden.

Ganz in Schwarz

Dagegen kämpften die ver.di-Aktiven über Monate. Es fanden Kundgebungen von Beschäftigten vor den einzelnen IBM-Betrieben statt. Die ver.di-Tarifkommission schrieb gemeinsam mit den ver.di- Betriebsgruppen einen offenen Brief an die Geschäftsleitung. Beim Besuch des damaligen US-Präsidenten Barack Obama auf der Hannover Messe protestierte die dortige IBM-Betriebsgruppe. Und am 17. Mai 2016 kamen die Beschäftigten bundesweit in Schwarz zur Arbeit.

Für die Betriebsräte begann gleichzeitig ein Verhandlungsmarathon um Sozialpläne und Interessenausgleiche, da gleich mehrere IBM-Unternehmen betroffen waren: IBM Deutschland Business & Technology Services GmbH, IBM Deutschland Global Business Solutions GmbH und die IBM Deutschland Management & Business Support GmbH.

Vorteile für ver.di-Mitglieder

Ein großer Teil der gekündigten IBM-Beschäftigten nahm die in den Sozialplänen vereinbarten Abfindungen an. Mehr als 300 der Gekündigten reichten jedoch eine Kündigungsschutzklage ein. Rund 150 von ihnen sind ver.di-Mitglieder, die vom ver.di- und vom DGB-Rechtsschutz unterstützt wurden. Sie waren gegenüber den Nicht-Mitgliedern klar im Vorteil: Tarifvertraglich ist konzernweit geregelt, dass ihnen der Arbeitgeber einen gleichwertigen Arbeitsplatz anbieten muss; wenn sie mindestens 53 Jahre alt sind, genießen sie einen besonderen Kündigungsschutz. Die Tarifverträge gelten unmittelbar nur für ver.di-Mitglieder.

Auch die Sozialauswahl hatte vor den Gerichten keinen Bestand. Alle Verfahren, die vom ver.di-Rechtsschutz und vom DGB-Rechtsschutz geführt wurden, konnten die Beschäftigten in der ersten Instanz gewinnen.

Nach weiteren ver.di-Protesten - auch in den Aufsichtsräten - gab IBM nach und unterbreitete den Beschäftigten, denen gekündigt worden war, noch einmal ein verbessertes freiwilliges Abfindungsangebot. Wer das nicht annehmen wollte, arbeitet seit dem 1. August dieses Jahres zu den alten Bedingungen weiter.

"Der Verzicht auf die Revision ist das Ergebnis konsequent organisierten Protests, starker Verhandlungen in den Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsgremien und einer hervorragenden Arbeit des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes", sagt Bert Stach. Ein Beschäftigter, dessen Arbeitsplatz gerettet wurde, sagte ihm: "Ihr habt ein sehr schweres Umfeld - und macht eine wirklich tolle Arbeit!"

Umsatz runter, Gewinn rauf

Und dieses Umfeld bleibt weiterhin schwierig: In Deutschland muss IBM die Vorgaben vom US-Mutterkonzern erfüllen. Das Stützen des Aktienkurses gehört dabei zur IBM-Geschäftspolitik. Seit dem Jahr 2000 zahlte IBM 165 Milliarden Dollar für Aktienrückkäufe und Dividenden. Gleichzeitig brach der Gewinn jedoch dramatisch ein: Wie das Handelsblatt am 19. Januar 2017 unter dem Titel "IBM leidet unter Umsatzschwund" schrieb, seien die Erlöse im vierten Quartal 2016 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um gut ein Prozent auf 21,8 Milliarden Dollar (20,5 Milliarden Euro) gesunken. Dies sei das 19. Quartal mit einem Minus in Folge. Dennoch sei der Überschuss von 4,46 auf 4,50 Milliarden Dollar leicht gestiegen.

Umsatz runter, Gewinn rauf? Diese Rechnung funktioniert nur, wenn die Kosten gesenkt werden. Und Kosten sind für IBM - wie für viele Arbeitgeber - zunächst Personalkosten.