Ausgabe 03/2025
Stärker durch RONJA
Es ist ein drängendes Thema in vielen Organisationen: Der Nachwuchs fehlt – besonders in ehrenamtlichen Gremien. Auch ver.di steht vor dieser Herausforderung. Mit dem Programm "RONJA – dein feministisches Empowerment" wurde ein gezielter Schritt unternommen, um junge Frauen unter 40 zu stärken und sie auf dem Weg in aktive gewerkschaftliche und betriebliche Mitgestaltung zu begleiten. Der Name ist angelehnt an die literarische Figur Ronja Räubertochter – rebellisch, neugierig, aktiv.
"Wir möchten nicht nur, dass junge Frauen Mitglied bei ver.di sind", sagt Meret Matthes, die das Programm mitverantwortet. "Wir wollen, dass sie sich einmischen, mitgestalten und sich trauen, Verantwortung zu übernehmen – auch in Strukturen, die nicht immer leicht zu durchblicken sind."
"Wir wollen, dass sich junge Frauen einmischen, mitgestalten und sich trauen, Verantwortung zu übernehmen – auch in Strukturen, die nicht immer leicht zu durchblicken sind."
Meret Matthes
Gestartet ist das Programm bereits 2021 mit einem Pilotdurchgang. Über 50 Frauen aus ganz Deutschland nahmen teil. Das Programm lief zunächst ein Jahr. Es kombinierte Online-Formate mit Präsenztreffen und vermittelte eine Mischung aus politischer Bildung, feministischer (Gewerkschafts)Geschichte, persönlichem Empowerment und praktischer Vorbereitung auf Gremienarbeit. Der Fokus: Mut machen und Wissen vermitteln – aber auch Vernetzung schaffen.
Im Juni startet nun in enger Zusammenarbeit der ver.di-Bereiche Frauen und Gleichstellung sowie Ansprache, Aktivierung und Bildungsarbeit ein weiterer Durchgang des erfolgreichen Programms – diesmal mit 27 engagierten Teilnehmerinnen. Das Interesse ist groß, insbesondere inhaltliche Schwerpunkte wie "migrantischer Feminismus" und zusätzliche Module zum Beispiel zur ver.di-Struktur stoßen auf positive Resonanz.
Strukturen verstehen – Barrieren abbauen
Franziska Lambrecht, Personalratsvorsitzende bei der Stadt Mannheim, war 2021 Teilnehmerin im ersten Durchgang. Durch das Programm hat sie zusätzlichen Mut für ihr Engagement gewonnen. Sie habe gelernt, spontan vor Gruppen zu sprechen. Alle Teilnehmerinnen seien aus sich herausgekommen. "Die Präsenztreffen waren Highlights. Trotz teils echt kontroverser Diskussionen gab es immer einen wertschätzenden Austausch und viel Empowerment." Dass sich Franziska Lambrecht später bei den Organisationswahlen aufstellen ließ, sei auch RONJA zu verdanken.
Inzwischen sind viele der Teilnehmerinnen von 2021 aktiv geworden. Sie engagieren sich in Betriebsräten, Personalräten, Tarifkommissionen oder als Vertrauensfrauen und in vielfältigen gewerkschaftlichen Gremien. Einige haben sogar den Schritt an die Spitze gewagt und sind heute Betriebsratsvorsitzende. "Das zeigt, dass RONJA wirkt", sagt Matthes. "Das Programm hat geholfen, Selbstbewusstsein zu entwickeln, Netzwerke zu knüpfen, sich stark zu machen – und genau das war unser Ziel."
Denn viele junge Frauen erleben, dass ihnen gewerkschaftliches Engagement nicht zugetraut wird – oder dass sie sich selbst nicht zutrauen, sich zu beteiligen. "Oft wirken tief verankerte Rollenbilder nach, da heißt es schnell: Das ist nichts für dich", sagt Meret Matthes. "Oder sie stoßen auf männliche Kollegen und Strukturen, die ihnen das Leben schwer machen." Hier setzt RONJA an, mit einem geschützten Raum, in dem sich Frauen gegenseitig stärken, Erfahrungen austauschen und lernen können, sich in gewerkschaftlichen Strukturen zu behaupten.
Die Module reichen von Rhetorik- und Argumentationstrainings über gewerkschaftliches Know-how bis hin zu ganz praktischen Tools: Wie spricht man in einer Versammlung? Wie strukturiert man einen Antrag? Wie lässt sich Mitbestimmung konkret vor Ort umsetzen? Dabei ist auch wichtig: RONJA will Frauen nicht nur für klassische Frauengremien gewinnen. "Uns geht es darum, dass sie überall mitreden, überall mitentscheiden – auch in gemischten Gremien oder an strategischen Schnittstellen", betont Matthes.
Langfristig ist das Ziel, dass sowohl die ver.di-Fachbereiche als auch die Landesbezirke eigene RONJA-Programme auf die Beine stellen – so wie es der Landesbezirk NRW bereits erfolgreich vorgemacht hat. Aufbauend auf dem bestehenden Konzept wurde dort im vergangenen Sommer ein eigener Durchgang initiiert – wieder mit großem Zuspruch.
Das Programm stößt auf reges Interesse – nicht nur bei der eigentlichen Zielgruppe. "Es kommen auch Männer vorbei, die wissen wollen, was wir machen und wie sie Kolleginnen für RONJA gewinnen können", erzählt Matthes, die allen interessierten mit Rat und Tat zur Seite steht. Und die Resonanz macht deutlich: Empowerment funktioniert, wenn es praxisnah ist, wenn es vernetzt ist – und Spaß macht.