Die Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie sorgt für mehr Klarheit. Allerdings hat sie auch noch viele Lücken

Nicht nur der Vertrag, auch das Protokoll sollte genau geprüft werden

Der Schock nach dem Einbruch war groß. Diebe hatten die Wohnung der Familie Mayer durchwühlt; ein Handy, ein Laptop und einige Elektrogeräte fehlten. Nach dem Kontakt mit der Versicherung kam erneut eine Hiobsbotschaft: Der Schaden wird nur zu einem Teil von der Hausratsversicherung ersetzt. Die Mayers waren unterversichert. Der Versicherungsvertreter hatte sie falsch beraten.

Doch haften muss er dafür nicht, bislang zumindest nicht. Wer seit dem 22. Mai einen Vertrag mit einer Versicherung abschließt, hat Anspruch auf ein Beratungsprotokoll. Darin wird festgehalten, wie das Gespräch verlaufen ist. Hat der Berater die Vor- und Nachteile erläutert? Hat er die Mayers darauf hingewiesen, dass sie unterversichert sind? Eine Kopie des Protokolls erhält der Kunde. "Bevor der Kunde einen Vertrag unterschreibt, sollte er sich das Protokoll genau ansehen", rät Lars Gatschke, Referent für Versicherungen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Bei Falschberatung Schadenersatz

Das Protokoll hat für die Kunden Vorteile: Bei nachgewiesener Falschberatung steht ihm Schadenersatz zu. "Deshalb sollten Kunden nie darauf verzichten", so Gatschke. Er weiß von einigen Versicherungen, die sich von den Kunden in den Formularen den Verzicht auf Dokumentation und Beratungsprotokoll als Standard unterschreiben lassen. "Das Protokoll stellt höhere Anforderungen an den Verbraucher", sagt Gatschke, "er muss sich damit auseinandersetzen, muss für sich feststellen, ob es dem Gespräch auch entspricht." Aber nur so bekomme er auch die Möglichkeit, sich gegen falsche Beratung zu wehren.

Protokoll als roter Gesprächsfaden

Karl-Heinz Mau verkauft seit 32 Jahren für die Debeka Versicherungen im Außendienst. Er arbeitet schon seit Anfang des Jahres mit den Protokollen. Sie brächten zwar eine Menge an Bürokratie. Dennoch empfindet er sie als nützlich: "Ich habe einen roten Faden für das Gespräch. Außerdem kann ich darin ja auch dokumentieren, dass der Kunde keine weitere Beratung gewünscht hat oder dass ich ihn darauf aufmerksam gemacht habe, dass seine bestehende Haftpflicht eine viel zu niedrige Deckungssumme hat."

Das Beratungsprotokoll ist eine Auswirkung der EU-Vermittlerrichtlinie, die zum 22. Mai in deutsches Recht umgesetzt worden ist. Eine weitere ist, dass sich die Vermittler bei den Industrie- und Handelskammern registrieren müssen. Sie müssen den Kunden gegenüber zu erkennen geben, für wen sie arbeiten, beispielsweise ob sie nur die Produkte einer Versicherung verkaufen oder mehrerer. Außerdem müssen sie ihre Qualifikation nachweisen. "Das wird mit Sicherheit dazu beitragen, dass auch bei den Selbstständigen die Qualität steigt", sagt Richard Sommer, beim ver.di-Bundesvorstand für die Fachgruppe Versicherungen zuständig. Allerdings kritisiert er, dass es hier zu viele Ausnahmen gibt. Beispielsweise berechtigt das erste Staatsexamen in Jura zum Verkauf von Versicherungen. "Jeder sollte konkret nachfragen, welche Fachkunde und welche Berufserfahrung der Versicherungsvermittler hat", fordert auch Lars Gatschke.

ver.di-Fachgruppe von Anfang an dabei

Generell begrüßt Sommer die neuen Regelungen, deren Umsetzung die ver.di-Fachgruppe von Anfang an begleitet hat. Im Interesse der Verbraucher könne man damit jedoch nicht zufrieden sein. Hier hatte sich die Fachgruppe für weitergehende Regelungen, so zum Beispiel bei der Qualifizierung oder der Pflicht zum Protokoll, eingesetzt.