Vor Ort wissen die Menschen am besten, was Betriebe davon abhält, junge Menschen auszubilden. Ein Bundesprogramm stellt 125 Millionen Euro für regionale Projekte bereit, auch für ein ver.di-Projekt

"Jugend braucht einen Kümmerer, dann klappt's auch mit der Ausbildung", ist Ingo Tolle überzeugt. Er ist Projektkoordinator beim Bildungsförderwerk Arbeit und Leben in Sachsen. Das organisiert für ver.di das Projekt InGO (Initiative Grenzregion Ostsachsen). Ziel ist es, mehr Azubiplätze im Dienstleistungssektor aufzuspüren und nach Vertragsabschluss dafür zu sorgen, dass die Ausbildung für beide Seiten gut läuft.

"Unsere Ausbildungsmanager putzen die Klinken in Unternehmen und suchen für sie die geeigneten Bewerber, betreuen sie auch während der Ausbildung weiter. Das ist mühsam, aber lohnend", fasst Ingo Tolle die bisherigen Erfahrungen zusammen.

37 Plätze wurden im Rahmen von InGO bereits akquiriert, 32 davon sind neu entstanden. Dank der intensiven Begleitung ist die Abbrecherquote verschwindend gering. Inzwischen tüfteln Ingo Tolle und seine Kollegen auch an einer Kooperation mit österreichischen und tschechischen Unternehmen. Geplant ist ein grenzüberschreitender Austausch von Auszubildenden.

InGO wird durch das Bundesprogramm "Jobstarter" gefördert, das noch von Ex-Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn auf den Weg gebracht wurde. 100 Millionen Euro waren dafür zunächst veranschlagt worden; inzwischen stehen 125 Millionen zur Verfügung. Ein Teil des Geldes kommt aus dem Bundeshaushalt, der andere vom Europäischen Sozialfonds. Bis zum Jahr 2010 soll das Förderprogramm laufen.

Vielversprechender Weg

"Jobstarter" soll für eine bessere regionale Versorgung mit Ausbildungsplätzen sorgen. Betriebe, die noch nie einen Azubi hatten, können ebenso unterstützt werden wie Kleinunternehmen, die sich für die Ausbildung mit anderen zusammenschließen wollen. Auch die gezielte Ansprache von Chefs mit Migrationshintergrund ist mancherorts ein vielversprechender Weg, um jungen Leuten eine Berufsperspektive zu eröffnen. Was am aussichtsreichsten erscheint, soll jeweils vor Ort anhand der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entschieden werden, so das Konzept.

Alle an einen Tisch holen

"Das Programm bietet gute Ansätze, braucht aber für den Erfolg viel Engagement vor Ort ", meint Renate Kappler, die am IHK-Bildungszentrum Dresden ein Projekt für den strukturschwachen östlichen Teil des Regierungsbezirks managt. Auch hier ist es gelungen, 30 neue Ausbildungsplätze zu besetzen; doch eine erhebliche Anzahl der Azubis brach die Lehre schon im ersten Jahr wieder ab.

Dass InGO besonders erfolgreich ist, liegt wohl auch daran, dass dahinter eine politische Initiative steht, ist ver.di-Bezirksgeschäftsführerin Heiderose Förster überzeugt. "Wir haben alle Akteure an einen Tisch geholt." Die unterzeichneten Ende Juni eine Vereinbarung, in der konkrete Verpflichtungen festgeschrieben sind. So stellt die IHK eine Liste der Betriebe zusammen, die für Ausbildung in Frage kommen. Bundes- und Landtagsabgeordnete sowie die Landräte wollen Schulen und lokale Unternehmen miteinander ins Gespräch bringen. Die Arbeitsagentur veranstaltet Lehrstellenbörsen und der DGB will monatlich einen Ausbildungsbetrieb auszeichnen. "Das Programm bringt Bewegung in die Regionen", ist auch "Jobstarter"-Pressesprecherin Sigrid Meiborg überzeugt.

Im Oktober findet in Bautzen eine große regionale Ausbildungskonferenz statt. Alle Beteiligten verbinden damit ein Ziel: die Absenkung der Jugendarbeitslosigkeit auf Bundesdurchschnitt. Das wäre eine Halbierung der derzeitigen 24 Prozent.

Gundula Lasch