Nicht nur die Kündigung macht krank. Auch jene Arbeitnehmer, die es bei einer Entlassungswelle im Betrieb nicht erwischt hat, leiden überdurchschnittlich an psychischen Beeinträchtigungen

Der Verlust des Arbeitsplatzes macht krank. Eine finnische Studie hat jetzt gezeigt, dass auch bereits jene, die von Rationalisierungen in einem Betrieb nicht betroffen sind, ganz erheblich unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden: Arbeitnehmer aus verkleinerten Belegschaften nehmen sehr viel mehr Psychopharmaka ein, heißt es im "Journal of Epidemiology and Community Health", einem Ableger des renommierten British Medical Journal.

Sie leiden im Grunde an dem Syndrom der Übriggebliebenen. Die Studie basiert auf Daten von mehr als 22000 Arbeitern und Angestellten des Öffentlichen Dienstes aus zehn finnischen Städten. Untersucht wurde der Zeitraum von 1994 bis 2000.

Beruhigungs-, Schlafmittel, und Stimmungsaufheller

Bei der Auswertung des Materials zeigte sich: Männliche Arbeitnehmer, in deren Betrieb größere Entlassungen stattgefunden hatten, nahmen im Vergleich zu Arbeitnehmern ohne diese Negativerfahrungen 1,7 mal so oft Antidepressiva, Anxiolytika und Hypnotika ein - also stimmungsaufhellende Medikamente, Beruhigungstabletten und Schlafmittel. Bei den Frauen war der Einfluss von Entlassungs-Erfahrungen auf die Psyche deutlich niedriger oder statistisch nicht signifikant. Bei anderen Medikamenten konnten keinerlei Zusammenhänge festgestellt werden.

Bereits 2004 hatte das finnische Forschungsteam nachgewiesen, dass Beschäftigte, deren Unternehmen rationalisiert hatten, in der Folgezeit deutlich häufiger krankgeschrieben waren und sogar eine zweimal höhere Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauferkrankungen zeigten als Arbeitnehmer aus stabilen Betrieben.

Die in den vergangenen Jahren von den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland beobachtete Zunahme psychiatrischer Erkrankungen als Grund für Krankmeldungen, passt hier ins Bild: Beschlossene oder geplante Massenentlassungen schädigen die Gesundheit - auch die der eigenen Belegschaft.

Uta von Schrenk

Weitere Informationen:

www.forum-gesundheitspolitik.de