Das Pflegepersonal in deutschen Kliniken ist im internationalen Vergleich äußerst produktiv: Es arbeitet hart, erhält aber wenig Lohn. Dagegen startet ver.di eine Unterschriftenaktion

Ausgerechnet eine Unternehmensberatung bestätigt die schlechten Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals in deutschen Krankenhäusern. Und das sorgt derzeit für einige Aufregung bei den Belegschaften, heißt es beim ver.di-Fachbereich Gesundheit. Von "Empörung" und "hitzigen Debatten" berichten Personal- und Betriebsräte.

Der Hintergrund: Die Unternehmensberatung McKinsey hatte die deutschen Kliniken in punkto Wirtschaftlichkeit und Qualität einem internationalen Vergleich unterzogen und dabei herausgefunden, "dass die Wirtschaftlichkeit des deutschen Krankenhaussystems ganz wesentlich auf dem großen Engagement und der harten Arbeit aller in diesem Sektor Beschäftigten beruht - bei international vergleichsweise niedrigem Gehaltsniveau". Die Analysten berufen sich hierbei auf offizielle Daten, etwa der OECD.

Bei der Produktivität ihrer Pflegekräfte liegen Deutschland und Österreich mit 52 Patienten-Entlassungen pro Vollzeitkraft an der Spitze. Die Servicedienste in deutschen Kliniken, wie Wäscherei und Kantine, weisen eine um mindestens 50 Prozent höhere Produktivität auf als das nächst beste Land, in diesem Fall Dänemark. Das Gehaltsniveau einer Krankenschwester liegt jedoch im Schnitt bei 37000 Euro brutto im Jahr - und damit im internationalen Vergleich im unteren Drittel.

Wie es zu dieser immensen "Personalproduktivität" kommt? Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind in den Krankenhäusern in den letzten zehn Jahren über 50000 Arbeitsplätze in der Pflege abgebaut worden, davon 20000 allein in den letzten drei Jahren. Dabei muss heute rund eine Million Patienten mehr versorgt und betreut werden.

Eine Krankenschwester für 36 frisch Operierte

Nach einer Befragung des Deutschen Krankenhausinstituts wollen 40 Prozent aller Kliniken auch im kommenden Jahr weiter Stellen einsparen. Die Ursache sieht Ellen Paschke, zuständiges Bundesvorstandsmitglied bei ver.di, vor allem in dem erheblichen Kosten- und Wettbewerbsdruck - der zu Lasten der Qualität der Pflege gehe: "Die Betreuung einer Station mit 36 frisch operierten Patienten durch nur eine Krankenschwester und einen Zivildienstleistenden ist längst kein Einzelfall mehr."

Vor diesem Hintergrund warnen ver.di und der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) vor einem drohenden "Pflegekollaps". Die Arbeitsbedingungen für die rund 1,2 Millionen Pflegekräfte seien inzwischen "katastrophal". Aus Protest starteten der DBfK und ver.di eine bundesweite Unterschriftenaktion unter dem Motto "Uns reicht's!". "Wenn wir heute nicht Alarm schlagen, werden wir morgen in Deutschland keine qualitativ ausreichende Pflege mehr haben", warnt Ellen Paschke. Uta von schrenk

Die Unterschriftenliste ist erhältlich bei den ver.di-Bezirken und unter:

www.pflege-uns-reichts.de