Ein Urlaubsflug des ver.di-Vorsitzenden hat für viel Aufregung gesorgt

Von MARIA KNIESBURGES

Die Urlaubsreise des ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske hat Anfang August Schlagzeilen gemacht. Vorneweg die Springer-Presse, die sich nachgerade hell empört gab und das in die bekannten großen Lettern setzte. Vorwurf eins: Bsirske hatte auf dem Weg in den Urlaub einen Freiflug der Lufthansa AG genutzt. Vorwurf zwei: Unerhört, dass der Mann in den Urlaub fliegt, während seine Kolleginnen und Kollegen bei der Lufthansa streiken.

Der Reihe nach. Der ver.di-Vorsitzende Bsirske vertritt im Aufsichtsrat der Lufthansa AG die Arbeitnehmerseite und ist stellvertretender Vorsitzender des Gremiums. Alle Mitglieder des Aufsichtsrats der Lufthansa haben das Anrecht auf eine unbegrenzte Zahl von Freiflügen für ausschließlich private Zwecke. Davon hatte Bsirske Gebrauch gemacht. Er war mit einem Freiflug-Ticket bis nach Los Angeles geflogen und von dort auf eigene Kosten weiter in die Südsee. Der Freiflug ist als geldwerter Vorteil zu versteuern.

Rechtlich ist der Vorgang nicht zu beanstanden, lieferte aber den willkommenen Stoff für die tagelange Kampagne der einschlägigen Boulevard-Blätter. "Die Brisanz, die das vor dem Hintergrund des Streiks der Kolleginnen und Kollegen bei der Lufthansa bekommen hat, nicht erkannt zu haben, war politisch ein Fehler", so der ver.di-Vorsitzende gegenüber ver.di PUBLIK.

Bislang die Freiflüge nur selten genutzt

Noch aus dem Urlaub heraus hatte Bsirske die Konsequenz gezogen und das Büro des Aufsichtsrats der Lufthansa veranlasst, ihm den Flug in Rechnung zu stellen. Zugleich kündigte er an, dass er künftig keine Freiflüge mehr in Anspruch nehmen werde. Ohnehin, so Bsirske, habe er - wie auch die übrigen Arbeitnehmervertreter/innen im Aufsichtsrat der Lufthansa - von der Möglichkeit eines Freiflugs nur selten Gebrauch gemacht. Schließlich hat der ver.di-Vorsitzende auch selten Zeit, einmal zu privaten Zwecken auf die Reise zu gehen.

Dass er nun die Unverfrorenheit besessen hatte, tatsächlich einen mehrwöchigen Sommerurlaub anzutreten, das, so seine Kritiker, sei mit den gewerkschaftlichen Solidaritätsprinzipien so ganz und gar nicht vereinbar. Bsirske habe die streikenden Kolleginnen und Kollegen bei der Lufthansa im Stich gelassen, wetterten ausgerechnet jene, die bis dato nie als Freunde des gewerkschaftlichen Arbeitskampfes auffällig geworden waren.

Im Gegenteil: Aus Kreisen der FDP, der CDU und CSU schnellten die Zeigefinger gerade derer in die Höhe, die ansonsten nicht müde werden, das Streikrecht als Teufelswerk zu geißeln. Aus ihren Kreisen wurden sogar Rücktrittsforderungen laut.

Als Frank Bsirske in seinen Urlaub startete, standen die Kolleginnen und Kollegen bei der Lufthansa noch nicht im Streik, sondern hofften noch auf eine Einsicht des Arbeitgebers. Und überdies: Die Mitglieder der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sind auch dann streikfähig, wenn der Vorsitzende im Urlaub ist.