Verlagsgruppe Rhein Main macht aus zwei Druckhäusern ein neues Druckzentrum - ohne Tarifbindung

Das Grundstück ist gekauft, die Druckmaschinen sind bestellt. 100 Millionen Euro investieren die Verlagsgruppe Rhein Main (VRM) und das Medienhaus Südhessen in ihr neues Druckzentrum in Rüsselsheim. Ende 2010 sollen dort alle Zeitungstitel der beiden regionalen Zeitungsverlage gedruckt werden. Die beiden Druckhäuser in Darmstadt und Mainz-Mombach werden geschlossen, die Maschinen ausrangiert.

Ähnlich scheinen die Verlage mit ihren Belegschaften verfahren zu wollen. "Ich fürchte, dass die Eigentümer eine Teilbetriebsschließung planen und allen Beschäftigten kündigen werden," sagt Thomas Boyny, Betriebsratsvorsitzender des Medienhauses Südhessen. Die rund 150 Darmstädter und 300 Mainzer Drucker, Aushilfen, Helfer und Mitarbeiter der Betriebsinstandhaltung und Weiterverarbeitung werden sich allenfalls um einen Arbeitsplatz im neuen Druckzentrum bewerben dürfen.

Entlassen und neu einstellen, so stellt es sich auch die Verlagsgruppe Rhein Main vor. Zur künftigen Zahl der Mitarbeiter will sich Detlef Hartmann, Mitglied der VRM-Geschäftsleitung, nicht äußern. Nur so viel: Gehaltsstruktur, Arbeitszeit und Maschinenbesetzungsregeln müssten auf den Prüfstand. Das sind die Eckpfeiler im Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Druckindustrie. Dieses Tarifvertrags möchten sich die beiden Verlage gern entledigen.

Bisher kein Stein bewegt

Ein neues, tarifloses Druckzentrum Rhein Main, "das werden wir nicht zulassen," sagt Manfred Moos, ver.di-Landesfachbereichsleiter in Hessen. Die Gewerkschaft werde nicht zögern, die Beschäftigten zum Streik für die Tarifbindung aufzurufen.

Doch noch ist es nicht soweit. Auf dem 38000 Quadratmeter großen Areal des Druckzentrums ist noch kein Stein bewegt worden. Von dem Gemeinschaftsunternehmen versprechen sich die zwei Zeitungshäuser vor allem Synergieeffekte. In zwei Jahren sollen vier Druckmaschinen stehen, eine weniger, als die VRM und das Medienhaus zurzeit noch in ihren alten Häusern betreiben. Die Rotationsanlagen des Schweizer Herstellers Wifag können pro Stunde 90000 Zeitungen drucken, 20000 mehr als bisher. Dadurch wird weniger Personal gebraucht. Die Betriebsräte fürchten, dass die Zahl der Helfer fast auf Null zurückgefahren wird und weniger Drucker eingesetzt werden, so VRM-Betriebsratsvorsitzender Alfred Roth. Das bestätigt auch Detlef Hartmann von der Geschäftsleitung. Ein Teil der Mainzer Belegschaft ist im Jahre 2010 Mitte 40 bis Mitte 50. Zu jung für die Rente, zu alt für einen neuen Job. Alfred Roth sieht die Verlagsleitung der VRM in der Pflicht, alles Erdenkliche zu tun, um den Beschäftigten eine Perspektive zu geben. Aus Sicht des Betriebsrats sind die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens zweitrangig.

Die Betriebsräte beider Unternehmen haben bei den Geschäftsleitungen schon mehrfach das Personalkonzept angefordert. Eine Antwort darauf steht bisher immer noch aus. Am 25. Oktober findet bei ver.di in Mainz eine betriebliche Mitgliederversammlung zum Thema statt. MIB