Der lange Streik bei Multicolor in Emsdetten

Ob die Streikgeschichte vor Weihnachten von einem glücklichen Ende gekrönt sein wird, kann in der ersten Dezemberwoche noch niemand sagen. Immerhin haben die seit elf Wochen streikenden 23 Beschäftigten des Emsdettener Farbsystemherstellers Multicolor doch schon eines erreicht: Ihr Arbeitgeber, der Emsdettener Unternehmer Hans-Bernd Lohaus, ist seit Ende November wieder bereit, über den Firmentarifvertrag zu reden. Verhandelt wird über das Urlaubsgeld, die Jahresleistung, die Arbeitszeit und die Stundenlöhne. Seitdem Anfang September die Gespräche abgebrochen wurden, leben die Rotröcke, wie die Streikenden wegen ihrer roten ver.di-Shirts genannt werden, in einem Ausnahmezustand, den sie bis dahin noch nicht kannten. Elf Wochen Streik, das sind elf Wochen Leben mit einem schmalen Salär. Diese Wochen haben sie zusammengeschweißt, ihre Haltung ist klar: "Wir haben in schlechten Zeiten für die Firma verzichtet, jetzt wollen wir bei guter Auftragslage wieder unser volles Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Und wir wollen auch nicht länger 40 Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich arbeiten."

Die 23 sind überall

Ihr Chef, der ein europaweites Firmenimperium mit mehr als 1000 Beschäftigten besitzt, reagierte mit Aussperrungen auf die Arbeitskampfmaßnahmen, die ver.di eingeleitet hatte - und mit drei fristlosen Kündigungen wegen angeblich unrechtmäßiger Streikbeteiligung. Das konnte die 23 Rotröcke nicht erschüttern. Sie setzten sich unermüdlich dafür ein, dass aus ihrem Arbeitskampf - für viele ist es der erste - ein Erfolg wird. Mit Infoständen und Flugblättern informierten sie die Bevölkerung. Sie schrieben Leserbriefe an die Lokalpresse, organisierten Solidaritätsstreiks, besuchten Kollegen in Betrieben in Deventer in den Niederlanden und in Preußisch-Oldendorf, um sie von weiteren Streikbrecher-Arbeiten abzubringen.

Die Streikenden waren auf verdi- und SPD-Veranstaltungen und bei der AWO zu Gast, um für Solidarität zu werben. Auch der Emsdettener Bürgermeister machte in seiner Bürgersprechstunde Bekanntschaft mit den Rotröcken. Immer samstags planten sie im Streiklokal Ortmeier-Krull gemeinsam mit ver.di-Sekretär Michael Schulenberg, Fachbereichsleiter Werner Zeretzke und dem Betriebsratsvorsitzenden Thomas Moritz neue Aktivitäten.

Das Ende der Kündigungswut

Das Arbeitsgericht in Rheine hat der Kündigungswut des Arbeitgebers inzwischen Einhalt geboten. Die fristlose Kündigung für den Betriebsrat Heinrich Kleimeyer hat der Richter als unbegründet zurückgewiesen. Der Gerichtssaal war bei der Verhandlung überfüllt. Das öffentliche Interesse an der Auseinandersetzung ist inzwischen groß. ver.di-Sekretär Michael Schulenberg ist optimistisch, dass der Konflikt sich jetzt nicht weiter zuspitzen und es am Verhandlungstisch endlich zu einer Einigung kommen wird. Eine Geschichte mit Happy End vor Weihnachten, wer wünscht sich das nicht?

Frank Biermann

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