Die Zeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb schreibt zum ersten Mal einen Preis für erfolgreiche Projekte von Arbeitnehmervertretungen aus

Von Silke Leuckfeld

Mit einer Rettungsaktion für Arbeits- plätze hat sich der Betriebsrat der Wohnungsgenossenschaft Berlin-Lichtenberg e.G. um den Deutschen Betriebsräte-Preis 2009 beworben: Die Arbeitnehmervertreter haben verhindert, dass eine Abteilung geschlossen wurde, und selbst deren Leitung übernommen.

Das Projekt der Handwerker

Fliesenleger, Tischler, Elektriker, Sanitär- und Heizungsinstallateure - 22 gewerbliche Beschäftigte, 25 Hausmeister und sechs Verwaltungsangestellte arbeiten für den technischen Service der Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg mit ihren 10225 Wohnungen. Knapp 10000 Einsätze absolvieren die Handwerker im Jahr für die Mieter. Reparaturen, die Sanierung von Wohnungen, Planung und Bau neuer Spielplätze gehören zu ihren Aufgaben. Trotzdem sollte die Abteilung abgeschafft werden. Michael Schulze war Betriebsratsvorsitzender, als der Vorstand im Jahr 2007 eine Unternehmensberatung beauftragte, die Abläufe in der Genossenschaft zu untersuchen. "Der Vorstand überlegte ernsthaft, die Aufgaben an Fremdfirmen zu vergeben", berichtet er. Er arbeitet seit 1989 für diesen Bereich.

Der Betriebsrat wollte die Abteilung und damit auch die Arbeitsplätze retten und entwickelte ein Gegenkonzept. Schließlich konnte der Vorstand davon überzeugt werden, dass sich der technische Service rechnet. "Die Genossenschaft ist nicht darauf aus, den Gewinn zu maximieren", erklärt Michael Schulze. Rote Zahlen darf die Abteilung nicht schreiben, aber es stehen keine Eigentümer im Hintergrund, die eine hohe Rendite erwarten. Die Genossenschaft gehört den Mietern, Überschüsse werden investiert.

"Für uns ist von Vorteil, dass wir nicht 19 Prozent Mehrwertsteuer auf unsere Leistungen und keinen Gewinn auf die Materialkosten aufschlagen müssen", sagt Michael Schulze. "Trotzdem zahlen wir nach Tarif einen Stundenlohn von 17,56 Euro und 14 Gehälter im Jahr." Bei Fremdfirmen werde häufig nur ein Stundenlohn von rund neun Euro gezahlt.

Seit November 2007 ist Schulze Chef des technischen Service. Als Personalverantwortlicher gab er die Funktion des Betriebsratsvorsitzenden auf, doch die Arbeitnehmervertretung ist noch immer dicht am Geschehen. Seine frühere Stellvertreterin ist heute Betriebsratsvorsitzende und sitzt in seinem Vorzimmer.

Bewerbung aus dem Einzelhandel

Auch die Betriebsräte der REWE-Niederlassung West bewerben sich um den Preis. Sie wollten von ihren mehr als 8000 Kolleg/innen in 850 Filialen erfahren, ob sie mit der Arbeit des Betriebsrats und den Arbeitsbedingungen zufrieden sind und welche Verbesserungen sie vorschlagen. 14 Tage fuhren die Betriebsräte von Filiale zu Filiale und verteilten 6800 Fragebögen. 4060 kamen ausgefüllt und anonym zurück. Das Ergebnis: "1476 Hinweise zu den Arbeitsbedingungen und 737 Vorschläge zu unserer Arbeit", berichtet Betriebsratsvorsitzender Roland Gerstenberg. Der Arbeitgeber unterstützte die Umfrage. Die Vorschläge der Beschäftigten führten zu Verbesserungen in den Filialen. Mehr als 380 neue Stühle für die Kassenarbeitsplätze wurden angeschafft, die sich verstellen lassen. Die Beschäftigten haben im Arbeitsablauf Zeit, die Stühle individuell einzustellen. Der Betriebsrat gestaltet seine Arbeit jetzt transparenter. In jeder Filiale liegt ein Ordner mit den Betriebsvereinbarungen. Eine Zeitung informiert die Beschäftigten regelmäßig.

Für ver.di sitzt Bundesvorstandsmitglied Dina Bösch in der Jury für den Preis. Sie sagt: "In Krisenzeiten wie heute ist es besonders wichtig, starke, kreative Betriebsräte zu haben. Lösungsansätze über alle Branchen hinweg zu kennen und zu würdigen ist eine gute Idee."

Preis für Betriebsräte

Innovative Ideen aus Betriebsratsbüros will die Zeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb mit dem Deutschen Betriebsrätepreis 2009 auszeichnen. Gesucht werden Projekte aus den Jahren 2007 bis 2009, die zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen, zum Erhalt oder zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Bewältigung von Krisen im Betrieb führen oder geführt haben.

Motto des Wettbewerbs: "Erfolgreiche Betriebsratsarbeit in Krisenzeiten", Einsendeschluss: 30. April 2009.

Bis Anfang April lagen mehr als 20 Bewerbungen vor.www.deutscherbetriebsraete-preis.de